VERWAHREN UND WEGSPERREN

Ausschnitt aus einem Plan mit dem Lazarett Breite Wiese, erkennbar als Fachwerkhaus inmitten eines Waldes, 1700.
StadtALg K 12 C-55-(k).
Bis 1815 wurden Erkrankte in Lüneburg im Lazarett Breite Wiese verwahrt. Das war ein ehemaliges Pest- und Armenhaus vor den Toren der Stadt. Das Gebäude wurde 1565 erbaut und hatte zunächst nur Platz für 20 Erkrankte.
Die Pest ist früher
eine sehr ansteckende Krankheit.
Pest-Kranke kommen in ein Pest-Haus.
So können sie andere Menschen
nicht anstecken.
Viele Menschen bringt man zum Sterben
ins Pest-Haus.
In vielen Städten gibt es Pest-Häuser,
auch in Lüneburg.
Dann gibt es die Krankheit Pest nicht mehr.
Man braucht das Pest-Haus nicht mehr
für die Pest-Kranken.
Darum bringt man Kranke in das Pest-Haus.
Sie sollen dort leben.
Auf diesem Plan sieht man das Pest-Haus
in Lüneburg .
Es ist ein Fachwerk-Haus in einem Wald.
Es hat Platz für 20 Kranke.
Der Plan ist aus dem Jahr 1700.
Auf diesem Plan sieht man
das Pest-Haus in Lüneburg.
Das Pest-Haus ist viel größer
als auf dem anderen Plan.
Man hat das Pest-Haus ausgebaut
und vergrößert.
Der Plan ist aus dem Jahr 1714.

Ausschnitt aus einem Plan mit dem Lazarett Breite Wiese. Nach 1700 war es zu einem vierflügeligen Gebäude ausgebaut und vergrößert worden, 1714.
StadtALg K 7-G-27-1-(R).
»[…] übel ist den kranken Unglücklichen gerathen, denen der Aufenthalt zur Breitenwiese – nicht zur Strafe – sondern als Wohlthat angewiesen ist. Die Wahnsinnigen werden in Behältnissen verwahrt, zu welchen der Zugang durch den Kuhstall geht, das Behältniß selbst ist voll Gestank, der von dem ohnbedeckten Abtritt aufsteigt, dunkel, da es helle seyn müßte, da auch der schwächste Verstand Licht sucht. Die Diät, die allen gegeben wird, ist theils zu kärglich, theils ungesund; in dem ihnen außer Speck, Käse, Kartoffeln nichts anderes, noch weniger aber Gemüse und Früchte gegeben werden […].«
Stadtphysikus Lentien zitiert nach Marianne Pagel: Gesundheit und Hygiene. Zur Sozialgeschichte Lüneburgs im 19. Jahrhundert, Hannover 1992, S. 222.

Foto des Krankenhauses Lüneburg Am Wandrahm, 1892. Fotograf unbekannt. Die handschriftliche Notiz wurde nachträglich hinzugefügt und ist nicht korrekt.
ArEGL 162.
Ab 1816 wurden Erkrankte zur Beobachtung im Krankenhaus Am Wandrahm in der Stadt untergebracht. Von hier wurden sie in bereits bestehende Anstalten nach Hildesheim (1827), Göttingen (1866) oder Osnabrück (1868) verlegt und endgültig separiert. Aufgrund katastrophaler Zustände wurde das Krankenhaus von körperlich Erkrankten gemieden.
Im Jahr 1816 gibt es das Pest-Haus
in Lüneburg nicht mehr.
Kranke kommen in ein Krankenhaus
in Lüneburg.
Es heißt: Krankenhaus Am Wandrahm.
Heute ist dort ein Park.
Er gehört zum Museum Lüneburg.
Aber die Kranken dürfen nicht lange
im Krankenhaus Am Wandrahm bleiben.
Sie kommen in eine Anstalt.
Zum Beispiel nach
• Hildesheim
• Göttingen
• Osnabrück

Auszug aus dem Lüneburgischen Anzeiger vom 2.2.1885, S. 3.
StadtALg 8.2 LLA-B, 1885-02.
Der Bericht im Lüneburgischen Anzeiger vom 2. Februar 1885 beschreibt die widrigen Zustände, in denen Erkrankte im Krankenhaus Am Wandrahm eingesperrt wurden. Erkrankte waren es nicht wert, menschlich behandelt zu werden.
Das ist ein Text aus einer alten Zeitung.
Im Text steht:
Das Krankenhaus Am Wandrahm
ist schlecht.
Es ist alles dreckig.
Es gibt zu wenig Betten.
Es gibt keine Behandlung.
Es geht den Kranken schlecht.
Sie werden hier wie Tiere behandelt und
nicht wie Menschen.
Denn Kranke sind hier nichts wert.
Karte von den Grundstücken der Königlichen Strafanstalt zu Lüneburg, 1878.
StadtALg K 17-C-43.
Im Werk- und Zuchthaus Am Benedikt wurden straffällige oder gefährdende Erkrankte untergebracht. Es gab einen gesonderten Bereich für »Tobsüchtige«. Die Gefängniszellen waren zunächst nicht nach Geschlechtern getrennt und die Erkrankten waren gefesselt.
Das ist ein Plan von einem Gefängnis
in Lüneburg.
Der Plan ist aus dem Jahr 1878.
Einige Kranke sind
durch ihre Krankheit gefährlich.
Oder sie begehen Straftaten.
Früher bringt man sie dann ins Gefängnis.
Männer und Frauen sind zusammen
in einer Zelle.
Und sie sind gefesselt.
Es gibt auch extra Zellen
für sehr unruhige Kranke.
Die Modernisierung des Strafvollzugs wirkte sich auch auf die Unterbringung psychisch erkrankter Zuchthäusler aus. Neben einer Trennung der Geschlechter wurde die »Arbeitstherapie« mit Werkstatt- und Gartenarbeit eingeführt. Sie war Vorbild für eine Neuausrichtung der Anstaltspsychiatrie in Richtung einer sich selbst versorgenden Einrichtung.
Das ist ein Plan vom Gefängnis in Lüneburg.
Der Plan ist aus dem Jahr 1896.
Auf dem Plan sieht man:
Das Gefängnis hat sich verändert.
Man hat es umgebaut.
Frauen und Männer haben jetzt
eigene Zellen.
Und es gibt jetzt Werkstätten und Gärten.
Dort arbeiten die Häftlinge und die Kranken.
Man nennt das: Arbeits-Therapie.
Arbeits-Therapie gibt es später auch
in Anstalten.
Situationsplan der Strafanstalt nebst Pertinentien zu Lüneburg, 1896.
StadtALg K 17-C-44-1.


Zwangsjacke und Fixiergurt aus der Psychiatrischen Klinik Lüneburg, nach 1945.
ArEGL 145 |146.
Zwangsjacke und Fixiergurte ersetzten ab Mitte des 19. Jahrhunderts Ketten und Fesseln. Bis in die 1970er-Jahre gab es das Denken, dass besonders unruhige Erkrankte nur durch Zwang und Gewalt besänftigt werden können. Die Jacke, beschönigend »Schutzjacke« genannt, wird heute nicht mehr verwendet.
Es gibt oft unruhige Kranke.
Früher hat man diese Kranken gefesselt
und an Ketten gelegt.
Später hat man das nicht mehr gemacht.
Denn es ist unmenschlich.
Aber es gibt dann extra Jacken
und Gürtel aus Leder.
Das sind Zwangsjacken und Fixiergurte.
Damit hat man die Kranken festgebunden.
Denn die Kranken sollen sich nicht bewegen
und ruhig werden.
Heute benutzt man keine Zwangsjacken und Fixiergurte mehr.
Hier sieht man eine Zwangsjacke und einen Fixiergurt aus der Psychiatrischen Klinik Lüneburg.