NFC zu H-K-03
FAMILIE UND »KINDERFACHABTEILUNG«
Der Alltag mit einem Kind oder Jugendlichen mit Beeinträchtigung war geprägt von der besonderen Situation. Die Geschwister übernahmen als »pflegende Kinder« Aufgaben, die nicht kindgemäß waren. Die Familien erhielten von außen kaum Unterstützung, es gab keine Hilfen. Sie erlebten Ausgrenzung, Ungerechtigkeit und Gewalt. Während des Krieges verschärfte sich die Lage. Die Väter waren oft an der Front und die Mütter oft auf sich gestellt.
FAMILIE UND »KINDER-FACHABTEILUNG«
Einige Kinder und Jugendliche haben
eine Behinderung.
Das ist oft schwer für die Familien
von den Kindern und Jugendlichen.
Die Familie hat viel Verantwortung.
Denn sie kümmert sich
um die Kinder und Jugendlichen.
Auch die Geschwister von den Kindern und Jugendlichen müssen viel helfen.
Das ist schwierig für die Geschwister.
Denn sie sind selbst noch Kinder.
Für die Familien gibt es wenig Hilfe.
Man behandelt die Familien oft ungerecht.
Oder man schließt die Familien aus.
Im Zweiten Weltkrieg ist das besonders schwierig für die Familien.
Viele Väter sind Soldaten.
Sie sind nicht zu Hause.
Die Mutter ist allein mit den Kindern zu Hause.
Die Mutter muss alles alleine schaffen.

Ingeborg Wahle im Kinderwagen, etwa 1940.
Privatbesitz Renate Beier.
Ingeborg Wahle stammte aus Göttingen. Sie war das zweite Kind von Elfriede, geborene Fendt, und Willi Wahle. Zwei Jahre nach ihr wurde ihre Schwester Renate geboren. Ingeborg hatte einen schweren Start ins Leben, ihre Entwicklung blieb verzögert. Sie kam nach Lüneburg. Nachdem ihr Vater sie ein letztes Mal besuchte, weil er einen Kriegseinsatz hatte, wurde sie am nächsten Tag ermordet.
Ingeborg Wahle kommt aus Göttingen.
Ihre Eltern sind Elfriede und Willi Wahle.
Ingeborg hat eine jüngere Schwester.
Die Geburt von Ingeborg ist sehr schwierig.
Und danach entwickelt sich Ingeborg
nur langsam.
Sie hat eine Behinderung.
Darum kommt sie in die Kinder-Fachabteilung nach Lüneburg.
Ihr Vater besucht sie dort.
Dann muss er als Soldat in den Krieg.
Am nächsten Tag wird Ingeborg ermordet.
Das ist ein Foto von Ingeborg Wahle.
Das Foto ist etwa aus dem Jahr 1940.
»Plötzlich standen die vor der Tür und haben Ingeborg mitgenommen, die haben sie einfach geschnappt und meine Mutter hat nur geschrien.«
Interview mit Renate Beier, 12.10.2018.
ArEGL.
Ingeborgs Schwester Renate erzählt später,
was mit Ingeborg passiert ist:
Ingeborg wird plötzlich abgeholt.
Unsere Mutter schreit.
HEINZ SCHÄFER (1937 – 1942)

Rolf mit seinem Bruder Heinz Schäfer auf dem Arm. Der Bruder Friedrich ist nicht auf dem Bild, denn er macht das Foto, etwa Sommer 1941.
Privatbesitz Rolf Schäfer.
Friedrich, Rolf und Heinz Schäfer teilten sich im Elternhaus in Bovenden bei Göttingen ein Kinderzimmer. Am Nachmittag trugen seine älteren Geschwister Heinz überall mit hin oder fuhren ihn in einem Wägelchen. »Er war immer dabei«, berichten die Brüder und die Cousine. Es gab einen Garten, in dem sich die Kinder oft aufhielten. Dort war auch ein Gartenhäuschen, in dem sie manchmal Kuchen aßen. Heinz wurde in dem Garten in einem Wägelchen hin und her geschoben, damit er an die frische Luft kam.
HEINZ SCHÄFER
Heinz Schäfer kommt aus Bovenden
bei Göttingen.
Er hat 2 Geschwister: Friedrich und Rolf.
Sie teilen sich ein Zimmer.
Heinz kann nicht gut laufen.
Aber die Brüder nehmen Heinz überall mit hin.
Sie tragen ihn und ziehen ihn in einem Wagen.
Verwandte erzählen:
Heinz ist immer mit dabei.
Die Familie hat einen Garten.
Die 3 Brüder sind oft im Garten.
Dort gibt es ein Garten-Haus.
Die Brüder essen Kuchen im Garten-Haus.
Heinz ist auch immer mit im Garten.
So bekommt er frische Luft.
Das ist ein Foto
von Heinz Schäfer aus dem Sommer 1941.
Seine Bruder Rolf hat ihn auf dem Arm.
Der Bruder Friedrich ist nicht auf dem Foto.
Friedrich hat das Foto gemacht.

Familie Schäfer im Sommer 1941, Heinz Schäfer sitzt im Wagen.
Privatbesitz Familie Schäfer.
Heinz konnte wohl alles verstehen und war auch in einem gewissen Maß selbstständig. Dennoch musste sich der Vater am 15. August 1941, einen Tag vor Heinz‘ viertem Geburtstag, im Gesundheitsamt Göttingen melden. Der Vater berichtete der Familie, im Heim werde Heinz geheilt werden. Die Familie verband mit dem Aufenthalt in der »Kinderfachabteilung« die Hoffnung, dass er Laufen lerne und gesund werde. Er wurde am 3. November 1941 aufgenommen.
Heinz versteht alles.
Aber er kann nicht gut laufen.
Darum muss der Vater mit ihm zum Gesundheits-Amt.
Da ist Heinz fast 4 Jahre alt.
Der Arzt sagt:
Heinz muss in die Kinder-Fachabteilung
nach Lüneburg.
Dort bekommt Heinz Hilfe.
Er soll wieder gesund werden.
Der Vater bringt Heinz
in die Kinder-Fach-Abteilung nach Lüneburg.
Das ist im November 1941.
Auf dem Foto ist Familie Schäfer
im Sommer 1941.
Heinz sitzt im Wagen.

Helga Volkmer mit ihrem Bruder Helmut und der Kindergärtnerin Ilse, etwa 1935.
Privatbesitz Marlene Volkmer.
Helga Volkmers Eltern mussten in der Landwirtschaft schwer arbeiten, um neben der Bewirtschaftung des eigenen Hofes auch die Pacht abzuarbeiten. Ihre Mutter war darauf angewiesen, dass die Geschwister, Nachbarskinder und hin und wieder eine Kindergärtnerin Helga beaufsichtigten. Sie wurde in einem Wagen auf den Hof geschoben und schaute den anderen Kindern beim Spielen zu. Manchmal saß sie auch auf einem Hocker.
Helgas Volkmer braucht Betreuung.
Aber ihre Eltern arbeiten viel.
Sie haben einen Bauernhof.
Darum passen die Geschwister auf Helga auf.
Auch die Nachbarn und
eine Kindergärtnerin helfen.
Helga sitzt oft in einem Wagen auf dem Hof.
Sie schaut anderen Kindern beim Spielen zu.
Manchmal sitzt Helga auch auf einem Hocker.
Das ist ein Foto von Helga Volkmer
aus dem Jahr 1935.
Eine Kinderfrau hält Helga auf dem Arm.
Rechts daneben ist Helgas Bruder Helmut.
Die Eltern blieben oft im Unklaren, nur wenige hatten eine Ahnung vom Geschehen in einer »Kinderfachabteilung«. Nur im Ausnahmefall nahmen sie den Tod billigend in Kauf. Die meisten standen der Aufnahme in einer »Kinderfachabteilung« tatsächlich eher skeptisch bis ablehnend gegenüber, erwarteten von der Zwangsbehandlung aber, dass sie zumindest zu einer Besserung führen würde.
Viele Eltern wissen nicht:
Was passiert mit meinem Kind
in der Kinder-Fachabteilung
Aber einige Eltern ahnen etwas.
Nur wenige Eltern sind einverstanden,
dass ihr Kind ermordet wird.
Die meisten Eltern vertrauen
der Kinder-Fachabteilung nicht.
Aber sie müssen ihre Kinder trotzdem
in die Kinder-Fachabteilung bringen.
Es ist egal,
ob die Eltern das wollen oder nicht.
Die Eltern hoffen:
Die Behandlung in der Kinder-Fachabteilung ist gut für das Kind.
Es geht dem Kind bald besser.

Meldung von Herbert Wiepel, 4.5.1942.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 428.
Eine Ausnahme bilden die Eltern von Herbert Wiepel. Sie gehören zu den wenigen, die dem Arzt Willi Baumert andeuteten, dass sie mit einer »Erlösung« ihres Sohnes in der Lüneburger »Kinderfachabteilung« einverstanden seien. Herbert wurde wenige Tage nach seiner Geburt von der Hebamme gemeldet. Fünf Monate später ordnete der »Reichsausschuss« die Einweisung an. Am 7. Oktober 1942 wurde Herbert in die »Kinderfachabteilung« aufgenommen. Zehn Tage später wurde er ermordet.
Herbert Wiepel ist 11 Tage alt.
Er hat eine Behinderung.
Darum meldet ihn die Hebamme
beim Reichsausschuss.
Er kommt in die Kinder-Fachabteilung
nach Lüneburg.
Da ist Herbert 5 Monate alt.
10 Tage später ist Herbert tot.
Er wird ermordet.
Herberts Eltern sind eine Ausnahme.
Sie sagen dem Arzt Willi Baumert:
Wir sind mit dem Mord an Herbert einverstanden.
Sie denken:
Es ist besser für Herbert, wenn er tot ist.
Herberts Tod ist eine Erlösung.
Willi Baumert hat es dann leicht.
Er tötet mit der Zustimmung von den Eltern.
»Wird heute von den Eltern zur Aufnahme in die Anstalt gebracht. Die Eltern hatten die beiden älteren gesunden Kinder mitgebracht. Haus 25 II. Vater meinte, wenn dem Kind doch nicht zu helfen sei, wäre es doch am besten, wenn es nicht lange leben würde.«
Eintrag in der Krankengeschichte von Herbert Wiepel.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 428.
In Herberts Kranken-Akte steht:
Herbert kommt in die Anstalt nach Lüneburg.
Die Eltern und die Geschwister bringen Herbert
in die Anstalt.
Herbert kommt in Haus 25 II.
Sein Vater sagt:
Vielleicht geht es Herbert hier nicht besser.
Dann ist es gut, wenn er nicht lange lebt.
Ab 1944 weigerten sich viele Eltern, ihre Kinder an die »Kinderfachabteilungen« abzugeben. Daraufhin wurden §§ 14, 15, 40 und 55 des Polizeiverwaltungsgesetzes vom 1. Juni 1931 weit ausgelegt und Kinder auch gegen den Willen ihrer Eltern in die Heil- und Pflegeanstalten zwangseingewiesen. Gegen die Anordnung konnte binnen zwei Wochen beim Regierungspräsidenten Hannover Beschwerde eingelegt werden. Diese war jedoch unwirksam, denn es galt:
Ab dem Jahr 1944 wollen viele Eltern ihr Kind nicht mehr in eine Kinder-Fachabteilung geben.
Aber im Gesetz steht:
Menschen dürfen gegen ihren Willen
in eine Anstalt kommen.
Darum bringt man die Kinder in eine Anstalt,
auch wenn die Eltern das nicht wollen.
In dem Gesetz steht auch:
Die Eltern können sich beschweren.
Dafür haben sie 2 Wochen Zeit.
Aber das ändert nichts.
Das Kind bleibt in der Kinder-Fachabteilung.
»Die Durchführung meiner Anordnung wird durch die Beschwerde nicht aufgehoben, da die sofortige Ausführung aus überwiegenden Gründen des öffentlichen Interesses verlangt werden muss.«
Polizeiliche Verfügung an Fritz Wehde vom 26.8.1944.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 418.
Das ist aus einem Brief vom Amt
aus dem Jahr 1944.
In dem Brief steht:
Ein Kind mit Behinderung muss
in die Kinder-Fachabteilung.
Das ist gut für die Gesellschaft.
Eine Beschwerde von den Eltern bringt nichts.
Denn für die Nazis ist es egal, was die Familie will.

Fritz Wehde im Kinderwagen mit seiner Tante Wilma, etwa 1940.

Fritz mit seiner Großmutter und dem Teddy, etwa 1941.
Privatbesitz Uta Wehde.
Die Wehdes waren Arbeiter und Sozialdemokraten. Sie waren auch nach der Machtergreifung gegen die Nationalsozialisten. Fritz Wehde lebte bis August 1944 bei seiner Familie. Er wurde liebevoll umsorgt. Es gibt Fotos, die ihn mit seiner Großmutter und seiner Tante Wilma zeigen. Seine Cousine Helga schenkte ihm ihren Teddy. Weil sich seine Eltern weigerten, ihn einzuweisen, wurde er mit polizeilicher Verfügung zwangseingewiesen.
Familie Wehde ist gegen die Nazis.
Fritz Wehde lebt bis August 1944
bei seiner Familie.
Die Familie liebt Fritz und
kümmert sich um ihn.
Fritz soll in die Kinder-Fachabteilung.
Denn er hat eine Behinderung.
Die Familie will das nicht.
Man bringt Fritz trotzdem
in die Kinder-Fachabteilung.
Die Polizei hilft dabei.
Auf dem Foto ist Fritz mit seiner Tante Wilma.
Fritz lieg im Kinder-Wagen.
Das Foto ist aus dem Jahr 1940.
Auf dem anderen Foto ist Fritz mit seiner Oma
und seinem Kuscheltier.
Das Foto ist aus dem Jahr 1941.
Bis 1944 waren Besuche möglich. Angehörige erinnern sich, dass es in der Abteilung sehr laut war. Im Sommer gab es eine Decke, um bei schönem Wetter auf einer Wiese sitzen zu können. Im Winter waren die Räume unbeheizt. Die Familien beschwerten sich auch darüber, dass die Kinder in kurzer Zeit abmagerten und kränklich wurden. Einzelne Eltern versuchten, ihre Kinder in einer anderen Einrichtung unterzubringen, oft ohne Erfolg. Kinder, die Besuch bekamen, wurden seltener ermordet.
Besuche in der Kinder-Fachabteilung sind
bis zum Jahr 1944 erlaubt.
Familien dürfen kommen.
In der Kinder-Fachabteilung ist viel los.
Es ist oft laut.
Im Sommer gibt es eine Decke,
damit man draußen auf der Wiese sitzen kann
Im Winter wird nicht geheizt.
Eltern beschweren sich:
Es ist kalt in den Räumen.
Die Kinder werden krank.
Und sie bekommen zu wenig Essen.
Einige Eltern wollen ihr Kind abholen und woanders hinbringen.
Aber das klappt nicht oft.
Kinder mit Besuch werden nicht so oft ermordet.
Die Ärzte haben Angst,
dass die Eltern den Mord bemerken.
Im Januar 1944 besuchte Berta Köhler ihre 15-jährigen Söhne Herbert und Willi. Sie fand sie nackt im Bett bei eisiger Raumtemperatur. Die Kinder mussten ab nachmittags im Bett bleiben und aßen dort auch ihr Abendessen. Als Kinderpflegerin erkannte sie, dass etwas nicht stimmte. Sie schrieb Beschwerdebriefe und drohte, den Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti einzuschalten. Danach erhielt sie keine Reiseerlaubnis mehr und durfte ihre Söhne nicht mehr besuchen.
Herbert und Willi Köhler sind Zwillinge.
Sie sind 15 Jahre alt.
Sie sind in der Kinder-Fachabteilung.
Ihre Mutter ist Berta Köhler.
Bertha besucht ihre Söhne im Januar 1944.
Berta sieht:
Das Zimmer ist sehr kalt.
Die Kinder sind nackt.
Die Kinder müssen im Bett liegen.
Die Kinder essen im Bett.
Berta Köhler ist selbst Pflegerin.
Sie weiß:
Das ist falsch.
Berta beschwert sich.
Sie schreibt Briefe.
Sie will dem Chef von der Anstalt Bescheid sagen.
Darum darf Berta Köhler ihre Söhne
nicht mehr besuchen.


Brief an die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg, 7.1.1944. (Vorder- und Rückseite) mit Rückantwort, 11.1.1944.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 290.

Unvollständige Besucherkarte von Ingeborg Wahle.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 443.
Im Vergleich zu anderen Kindern wurde Ingeborg Wahle häufig besucht. Als Willi Wahle in einer Lüneburger Kaserne stationiert war, nutzte er jede Gelegenheit, seine Tochter zu sehen. Auch Ingeborgs Mutter konnte oft nach Lüneburg kommen, weil der Großvater als Schaffner Freikarten bekam. Viele dieser Besuche wurden mit Bleistift in die Krankengeschichte eingetragen. Als Willi zum Fronteinsatz musste und auch die Freifahrten kriegsbedingt nicht mehr genehmigt wurden, wurde Ingeborg im Februar 1945 ermordet.
Ingeborg Wahle ist in der Kinder-Fachabteilung.
Ingeborg bekommt oft Besuch
von ihrer Familie.
Willi Wahle ist Ingeborgs Vater.
Er ist Soldat in Lüneburg.
Er besucht Ingeborg sehr oft.
Ihre Mutter kommt mit dem Zug.
Ingeborgs Opa ist Zug-Schaffner.
Er bekommt freie Fahrkarten.
Darum kann die Familie oft zu Ingeborg fahren.
Alle Besuche bei Ingeborg stehen
• in ihrer Kranken-Akte.
• auf der Besucher-Karte.
• in ihrer Kranken-Geschichte.
Hier ist nur die Karte zu sehen.
Dann muss der Vater in den Krieg.
Und die Familie darf nicht mehr Zug fahren
wegen dem Krieg.
Ingeborg bekommt keinen Besuch mehr.
Sie wird im Februar 1945 ermordet.
Inge Roxin stammte aus Lüneburg. Deshalb konnte sie mehrmals pro Woche von ihrer älteren Schwester Ruth besucht werden. Bei einem dieser Besuche entstand dieses Foto. Es muss von einer Pflegekraft aufgenommen und später ein Abzug zur Erinnerung mitgegeben worden sein.
Das ist ein Foto von Inge Roxin
und ihrer großen Schwester Ruth.
Inge Roxin ist in der Kinder-Fachabteilung.
Inges Familie lebt in Lüneburg.
Darum bekommt Inge viel Besuch.
Ruth kommt oft in der Woche.
Dieses Foto ist von einem Besuch.
Eine Pflegerin macht das Foto.
Die Pflegerin gibt der Familie das Foto.

Ruth mit ihrer Schwester Inge Roxin, »Kinderfachabteilung« Lüneburg, 1943.
Privatbesitz Sigrid Roxin | Käthe Wandel.
Familien, die nicht zu Besuch kommen konnten, sorgten sich nicht weniger. Sie schrieben ihren Kindern und Jugendlichen, auch wenn diese nicht lesen konnten. Die Krankenakten sind gefüllt mit Briefen und Postkarten der Eltern und Großeltern an ihre Kinder. Auch Pakete mit Lebensmitteln und Kleidung wurden geschickt.
Einige Familien können ihre Kinder
nicht besuchen.
Die Familien machen sich Sorgen.
Sie schreiben Briefe.
Sie schicken Pakete mit Essen und
Kleidung für die Kinder.
In vielen Kranken-Akten sind Briefe
und Postkarten von den Familien.

Postkarte von Ella Schäfer an ihren Sohn Heinz vom 13.11.1941.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 373.
Heinz Schäfers Mutter tat sich sehr schwer mit der Trennung von ihrem Kind. Sie hatte große Sehnsucht nach ihm und schrieb ihm und den Pflegenden schon kurz nach seiner Aufnahme eine Postkarte. Die Familie hoffte, dass er in Lüneburg das Laufen lernen und gesund werden würde.
Heinz Schäfer ist in der Kinder-Fachabteilung.
Die Familie hofft, dass Heinz gesund wird.
Sie hofft, dass Heinz laufen lernt.
Die Mutter Ella Schäfer vermisst Heinz.
Sie schreibt viele Briefe an Heinz
und an die Pflegerinnen.
Das ist eine Postkarte von Ella Schäfer
an ihren Sohn Heinz aus dem Jahr 1941.
Der Vater hatte keine Mühen gescheut, während seines Fronteinsatzes eine kindgerechte Postkarte zu organisieren. Als die Neujahrsgrüße für seinen Sohn Lars Sundmäker in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg ankamen, lebte dieser schon nicht mehr. Lars war am 3. Januar 1945 ermordet worden.
Lars Sundmäker ist in der Kinder-Fachabteilung.
Sein Vater Carl ist beim Militär
in der Verwaltung.
Er ist in Italien.
Carl schreibt diese Postkarte an Lars.
Als die Postkarte ankommt, ist Lars schon tot.
Lars wird am 3. Januar 1945 ermordet.


Feldpostkarte von Carl Sundmäker (Nr. 57948) an seinen Sohn Lars Sundmäker vom 28.12.1944, Vorder- und Rückseite.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83. Nr. 405.