Es ist ein schwarz-weißes Standbild aus dem Film »Dasein ohne Leben«. Die Aufnahme ist unscharf. Sie zeigt eine junge Frau in einem bis zum Hals zugeknöpften Nachthemd, aufrecht sitzende in einem Bett. Das Kopfkissen ist erkennbar. Die leicht zerzausten, braunen Haare sind nach hinten gebunden. Sie hat einen gesenkten Blick. Im Hintergrund ist ein Sprossenfenster.

Filmstill »Dasein ohne Leben«, 1942.

https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn1002464

USHMM (United States Holocaust Memorial Museum), Washington, D.C., USA.

HERMANN SCHWENINGER (1902 – 1985)

Hermann Schweninger stammte aus München. Sein Vater Herman war Oberst beim Militär. Nach dem Abitur studierte er Germanistik und Maschinenbau an der Universität München. Während seines Studiums befreundete er sich mit Viktor Brack. Nach dem Studium arbeitete er gelegentlich für die Bavaria-Filmgesellschaft; seinen Lebensunterhalt bestritt er als LKW-Fahrer. 1936 trat Schweninger der NSDAP bei. 1939 holte Viktor Brack ihn zunächst als Fahrer in die Belegschaft der »Aktion T4«. Von April 1940 bis Juni 1941 leitete er geschäftsführend die Staffel, die für die Transporte in die Tötungsanstalt Grafeneck eingesetzt war. Schweninger war damit von Anfang bis Ende am Krankenmord beteiligt. Sein Täterwissen floss in seine NS-Propaganda-Filme »Ich klage an« (1941) und »Dasein ohne Leben« (1942) ein, die er im Auftrag des Ministeriums des Innern bei Tobis-Film realisierte, gefördert von »Kraft durch Freude«. Für die Darstellung der Erkrankten suchte Schweninger in verschiedenen Anstalten nach Patienten, die aus seiner Sicht besonders monströs wirkten. Für den Film »Dasein ohne Leben« filmte er eine reale Ermordung in der Gaskammer der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein. Sein Film »Ich klage an« kam 1941 in die Kinos und gewann im selben Jahr einen Preis bei den 9. Internationalen Filmfestspielen von Venedig. »Dasein ohne Leben« kam nie in die Kinos, sondern wurde nur intern gezeigt.

Nach dem Krieg arbeitete Schweninger als Filmkaufmann in Hamburg. Bei Strafermittlungen und in Gerichtsprozessen zur »Aktion T4« wurde er als Zeuge befragt, nie als Täter. Es wurde nie gegen ihn ermittelt. Er starb 1985 in Hamburg-Barmbek.

Acht von insgesamt 23 Filmrollen des Films »Dasein ohne Leben« wurden 1989/1990 wiedergefunden. Ein sechsminütiger Ausschnitt ist über das USHMM öffentlich zugänglich.

HERMANN SCHWENINGER

Hermann Schweninger kommt
aus München.
Sein Vater ist Soldat.
Hermann Schweninger studiert in München
Maschinen-Bau und Deutsch.
Dort lernt er Viktor Brack kennen.
Die beiden werden Freunde.

Hermann Schweninger will Filme machen.
Aber das klappt am Anfang nicht.
Darum muss er LKW fahren.
Davon lebt er.

Dann ist die Aktion T4.
So nennen die Nazis
die Ermordung von Kranken.
Viktor Brack plant die Aktion T4.
Er holt seinen Freund
Hermann Schweninger dazu.
Hermann Schweninger leitet den Transport von Kranken in die Tötungs-Anstalt Grafeneck.

Darüber macht er auch 2 Filme.
Ein Film kommt im Jahr 1941 in die Kinos.
Der Film bekommt sogar einen Preis
bei einem Film-Fest in Venedig.

Für den anderen Film filmt
Hermann Schweninger in der Tötungs-Anstalt Pirna-Sonnenstein.
Es geht um den Mord an Kranken.
Der Film kommt nicht in die Kinos.
Er bleibt ein Geheimtipp.

Dann ist der Zweite Weltkrieg vorbei.
Hermann Schweninger geht nach Hamburg.
Er wird Kaufmann für Filme.

Es gibt Gerichts-Prozesse zur Aktion T4.
Man befragt Hermann Schweninger
aber nur als Zeuge.
Man klagt ihn nicht als Täter an.
Er kommt nicht ins Gefängnis,
obwohl er bei den Morden mitgemacht hat.

Hermann Schweninger stirbt im Jahr 1985
in Hamburg.

Das Foto ist aus dem Film:
Dasein ohne Leben.
Das ist ein Film von Hermann Schweninger
aus dem Jahr 1942.
Es gibt nur noch ein paar Teile
von diesem Film.
Den ganzen Film gibt es nicht mehr.