Es ist ein schwarz-weißes Foto von Paul Nitsche. Das Foto hat einen braunen Filter. Paul Nitsche trägt einen weißen Arztkittel, unter dem Kittel einen kleinkarierten Wollanzug mit Weste, weißem Hemd und einer mit weißen Punkten gepunkteten dunklen Fliege. Er ist glatt rasiert und er hat nur noch wenige, sehr kurz geschnittene Kopfhaare. Er hat einen Blick aus dem Bild hinaus in die Ferne.

Paul Nitsche, um 1930.

Sächsisches Staatsarchiv, 13859 Staatskanzlei, 6081.

PAUL NITSCHE (1876 – 1948)

Paul Nitsche aus Colditz erfand die sogenannte »Hungerkost« und das Morden nach dem »Luminal-Schema«. Letzteres bestand aus einer Überdosis eines Medikamentes gegen Anfälle mit dem Handelsnamen »Luminal«. Nitsche war Arztsohn, hatte bei dem Heidelberger Psychiater Kraepelin gelernt und beteiligte sich 1911 an der Internationalen Hygiene-Ausstellung in Dresden. Ab 1914 leitete er die Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein, vier Jahre später die Anstalt Leipzig-Dösen. 1928 kehrte er als Direktor nach Pirna zurück. Ab 1934 war er auch Richter am Erbgesundheitsobergericht in Dresden. 1940 übernahm er erneut die Leitung der Anstalt Leipzig-Dösen und wurde Obergutachter der »T4-Zentrale«. Wenig später löste er Werner Heyde als Leiter der »T4-Zentrale« ab. 1945 wurde Nitsche verhaftet, und zwei Jahre später wurde am Landgericht Dresden Mordanklage gegen ihn erhoben. Er blieb bei seiner Haltung, dass der Mord von Erkrankten und Menschen mit Beeinträchtigungen wissenschaftlich und auch gesellschaftlich gerechtfertigt sei. 1948 wurde sein Todesurteil vollstreckt.

PAUL NITSCHE

Das ist ein Foto von Paul Nitsche.
Er ist Arzt und Psychiater.
In der Nazi-Zeit hat er eine Idee,
wie man heimlich Kranke ermordet.
Keiner soll merken,
dass die Kranken ermordet werden.
Alle sollen denken:
Die Kranken sind an einer Krankheit gestorben.

Paul Nitsche erfindet Essen,
das nicht satt macht.
Isst man nur dieses Essen, verhungert man.
Das nennt man: Hungerkost.
Kranke bekommen die Hungerkost.
Es sieht so aus,
als ob sie genug zu essen bekommen.
Aber die Kranken verhungern und sterben.
Keiner merkt, dass es Mord ist.

Paul Nitsche erfindet ein Medikament.
Das Medikament heißt: Luminal.
Gibt man den Kranken zu viel Luminal,
bekommen sie eine Lungen-Entzündung.
Daran sterben die Kranken.
Alle denken die Kranken sind
an Lungen-Entzündung gestorben.
Keiner merkt, dass es Mord ist.

Paul Nitsche leitet eine Anstalt
in Leipzig und in Pirna.
Dort ermordete er viele Kranke.

Er ist auch Richter am Gericht.
Dort entscheidet er:
Wer darf Kinder bekommen und wer nicht.