Es ist ein schwarz-weißes Foto. Unten sind Angaben zum Fotografen zu finden. Im Bildteil ist der Hintergrund aufgeblendet. Heinrich Mund trägt einen zweireihigen Anzug mit Fliege. Das Haar ist gescheitelt und er trägt einen Zwickel. Er blickt leicht nach links aus dem Bild heraus.

Heinrich Mund, Göttingen, um 1895.

Privatbesitz Christiane Riechers.

Es ist ein schwarz-weißes Porträt von Heinrich Mund. Er trägt einen Pastorentalar mit weißem, "Hamburger" Kragen. Er trägt eine runde Brille mit Metallgestell. Mit ernstem Blick schaut er direkt in die Kamera. Er hat eine hohe Stirn und trägt einen ergrauten Kinnbart. Auf dem Bild ist er über 60 Jahre alt.

Heinrich Mund, Lüneburg, um 1940.

Privatbesitz Christiane Riechers.

HEINRICH MUND (1878 – 1945)

Heinrich Mund stammte aus Göttingen. Er war mit Margarete Mund (geb. Biester) verheiratet. Die beiden hatten vier gemeinsame Kinder: Heinrich (wurde Pastor in Neetze), Kurt (starb an Kinderlähmung), Adolf (wurde Pastor in Uelzen) und Marie-Luise. Pastor Adolf Mund kümmerte sich in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 um die in Schutzhaft genommenen Uelzener Juden. Ab dann stand er unter Beobachtung der Gestapo. Heinrich übernahm das Pfarramt von St. Nikolai in Lüneburg. Ab 1907 war damit auch die Anstaltsseelsorge verbunden. Er feierte regelmäßig Gottesdienste in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg. Während der NS-Zeit war neben ihm auch der eine Generation jüngere Harro Kügler Pastor, der das Schaffen einer »Volkskirche« und die Unterordnung der Kirche unter den »Führer« offen kritisierte. Munds Kritik am Regime war die Sorge, der Wiederaufstieg Deutschlands würde zu seinem Niedergang führen. Die Anstaltsseelsorge führte er auch nach seinem Renteneintritt im Jahr 1938 fort. Die Familie zog in eine Wohnung in der Stöteroggestraße 4. Als Munds Nachfolger, Pastor Hohenstein, im August 1939 zur Wehrmacht eingezogen und kurz darauf »im Osten« vermisst wurde, wurden 1941 auch sein Kollege Kügler und der Kollege von St. Michaelis, Pastor Dreves, wegen des geplanten Überfalls der Sowjetunion zur Wehrmacht eingezogen. Mund wurde aus seinem Ruhestand zurück in den Dienst gestellt, um den Betrieb der Kirchengemeinde aufrechtzuerhalten. Seine Ämter endeten erst vier Jahre später am 31. Juli 1943.

1930 war Heinrich Mund bereits ein Bein amputiert worden, sodass er seitdem »seinen Dienst unter körperlichen Mühen« versah. Als er 1943 erneut erkrankte und Pastor Dreves von der Front zurückgekehrt war, übergab er die Anstaltsseelsorge ab 1. August 1943 diesem Kollegen.

Bis dahin nahm Pastor Mund zahlreiche Bestattungen vor. Es handelte sich um die Opfer des Krankenmordes, darunter viele Kinder. Dies bemerkte er in seinen Tagebuchaufzeichnungen.

Heinrich Mund nahm sich im Mai 1945 das Leben. Die Briten hatten seine Wohnung beschlagnahmt und ihnen im Pfarrhaus nur ein kleines Zimmer im Dachgeschoss zugewiesen. Wegen seiner Gehbeeinträchtigung war er dort quasi eingesperrt. Er sah keinen anderen Ausweg, als sich aus dem Fenster zu stürzen.

HEINRICH MUND

Heinrich Mund ist aus Göttingen.
Er ist verheiratet mit Margarete.
Sie ist die Tante von Heinrich Biester.
Heinrich Mund und seine Frau haben 4 Kinder.
Heinrich Mund ist Pastor
in St. Nikolai in Lüneburg.
Ab 1907 ist er auch Pastor in der Anstalt
in Lüneburg.
Er macht den Gottes-Dienst in der Anstalt.
Er beerdigt auch gestorbene Kranke.
Heinrich Mund beerdigt auch über 100 Kinder.
Sie sind Opfer vom Kranken-Mord.

Im Jahr 1938 geht Heinrich Mund in Rente.
Aber im Jahr 1939 fängt der Zweite Weltkrieg an und er muss wieder arbeiten.
Er ist wieder Pastor in der Anstalt und
in St. Nikolai.

In der Nazi-Zeit ist Heinrich Mund kein Nazi.
Aber er sagt auch nichts gegen die Nazis und
ihre Verbrechen.
Ihm fällt auf, dass viele Kranke sterben.
Es sind viel mehr als vor dem Krieg.
Heinrich Mund weiß also von dem Kranken-Mord.
Aber Heinrich Mund sagt nichts.
Im Jahr 1943 darf Heinrich Mund wieder
in Rente gehen.

Das ist gut für ihn.
Denn er hat seit dem Jahr 1930 nur ein Bein.
Das andere Bein mussten die Ärzte abnehmen.
Es war krank.

Dann ist der Zweite Weltkrieg vorbei.
Die Sieger vom Krieg sagen:
Heinrich Mund muss aus seiner Wohnung raus.
Er zieht in ein sehr kleines Dach-Zimmer.
Das ist wie ein Gefängnis für Heinrich.
Er nimmt sich das Leben.
Er springt aus dem Fenster.