
Männerstation der Heil- und Pflegeanstalt Wunstorf, um 1945.
Privatbesitz Heiner Wittrock.
WUNSTORF
Der Provinzial- Heil- und Pflegeanstalt Wunstorf (gegründet 1930) gingen verschiedene Einrichtungen voraus: ein Lazarett (ab 1757), eine Kaserne (ab 1787), ein Zuchthaus (ab 1880) und eine »Landesarmenanstalt« (ab 1908). Diese nahm Tagelöhner, Wohnungslose, Suchterkrankte und unverheiratete Alleinerziehende auf. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen psychisch Erkrankte und Menschen mit Beeinträchtigungen hinzu. 1927 gab es in Wunstorf bereits 600 Erkrankte, die von zwei Ärzten und rund 100 Pflegekräften betreut wurden.
Im Nationalsozialismus kam der Heil- und Pflegeanstalt Wunstorf die Sonderaufgabe zu, Sammelstelle für jüdische Erkrankte aus anderen Anstalten zu sein. Ab 1938 wurden jüdische und nicht-jüdische Erkrankte aus antisemitischen Gründen räumlich getrennt. Im September 1940 wurde Wunstorf »Sammelstelle« für jüdische Erkrankte aus der Provinz Hannover, aus Nordrhein-Westfalen, Bremen und Oldenburg. Am 27. September 1940 wurden 158 jüdische Erkrankte aus 25 Anstalten von Wunstorf aus in die Tötungsanstalt Brandenburg verlegt und ermordet.
Ein halbes Jahr später, im Frühjahr 1941, wurden 212 Erkrankte aus Wunstorf über die Zwischenanstalten Idstein, Scheuern und Eichberg in die Tötungsanstalt Hadamar verlegt und ermordet. Am 1. September 1941 stellte die Heil- und Pflegeanstalt Wunstorf den Betrieb ein, die wenigen verbliebenen Erkrankten wurden nach Hildesheim und Lüneburg verlegt. Die Gebäude wurden als Provinzial-Jugendheim Wunstorf weitergenutzt. Es beherbergte Fürsorgezöglinge, die sich aus Sicht der nationalsozialistisch geführten Sozialverwaltungen unangepasst verhielten und nicht in ihren Familien verbleiben konnten. Hin und wieder gab es Verlegungen in die »Kinderfachabteilung« Lüneburg. Die Überweisungen erfolgten durch den Heim-Arzt Willi Baumert, der zugleich Leiter der Lüneburger »Kinderfachabteilung« war.
Nach Kriegsende wurde das Provinzial-Jugendheim Wunstorf aufgelöst. Im Juli 1945 wurde die Landes- Heil- und Pflegeanstalt wiedereröffnet. Im März 1952 wurde sie in Niedersächsisches Landeskrankenhaus Wunstorf umbenannt. Im Mai 1954 richtete Hans Heinze, ehemaliger Leiter der »Kinderfachabteilung« Görden und Hauptgutachter im »Reichsausschuss«, dort die Kinder- und Jugendpsychiatrie Wunstorf ein und blieb bis zu seiner Pensionierung ihr Leitender Arzt.
Bis in die 1970er-Jahre fanden in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Wunstorf Menschenversuche mit Medikamenten statt. Kindern aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie Wunstorf zugeordneten Heimen wurden ohne ihr Wissen nicht zugelassene Medikamente verabreicht und deren Wirkungen erprobt. 2007 wurde das Niedersächsische Landeskrankenhaus Wunstorf an das Klinikum Region Hannover verkauft. 2013 wurde die Psychiatrie in Hannover-Langenhagen angegliedert. 2017 wurden die Medikamenten-Erprobungen öffentlich bekannt. An ihnen war ab 1961 auch der Sohn von Hans Heinze, Hans Heinze junior, als Arzt und Nachfolger seines Vaters beteiligt.
WUNSTORF
Wunstorf ist eine Anstalt.
Vorher ist es ein Gefängnis.
Und ein Armen-Haus.
Nach dem 1. Welt-Krieg kommen viele Kranke nach Wunstorf.
Darum wird Wunstorf 1930 eine Anstalt.
1940 kommen viele jüdische Kranke.
Sie werden in Wunstorf gesammelt.
Sie kommen von dort in eine Tötungs-Anstalt.
Nach Brandenburg.
Da werden sie ermordet.
Es sind 158 ermordete jüdische Kranke.
1941 werden 212 Kranke aus Wunstorf verlegt.
Wieder in eine Tötung-Anstalt.
Jetzt ist es die Anstalt Hadamar.
Danach wird die Anstalt geschlossen.
Die letzten Kranken kommen nach Lüneburg und nach Hildesheim.
In die Anstalten dort.
Wunstorf wird ein Heim.
Für Jugendliche.
Von dort kommen auch viele Jugendliche in die Kinder-Fach-Abteilung nach Lüneburg.
Weil Willi Baumert in Lüneburg und in Wunstorf arbeitet.
Das Heim besteht bis zum Ende des 2. Welt-Krieges.
Dann wird es geschlossen.
Wunstorf wird wieder Anstalt.
1954 gibt es wieder eine Jugend-Abteilung.
Die wird von Hans Heinze geleitet.
Hans Heinze macht beim Kinder-Mord in der Nazi-Zeit mit.
Trotzdem wird er Chef in Wunstorf.
Bis nach 1970 gibt es Versuche mit Jugendlichen.
Ärzte testen Medikamente und Impf-Stoff.
Es ist wieder Hans Heinze.
Und dann auch sein Sohn.
Der heißt auch Hans Heinze.
2017 kommt alles ans Licht.
Da gehört die Anstalt schon zur Region Hannover.