Das Schreiben ist eine Seite lang. Die erste Hälfte ist mit Handmaschine gedruckt. Und handschriftlich unterschrieben. In der unteren Hälfte ist eine handschriftliche Notiz mit Bleistift vorgenommen. Das Dokument ist leicht vergilbt.

Schreiben des Hauptgesundheitsamtes Bremen an die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg vom 3.3.1943.

Die Einweisung ist leicht vergilbt. Sie ist eng bedruckt und mit Schreibmaschine verfasst. Angaben zu Lars Sundmäker und der »Kinderfachabteilung« Lüneburg sind dick gedruckt. Das Schreiben ist handschriftlich unterschrieben.

Einweisungsverfügung vom »Reichsausschuss« vom 8.4.1943.

NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 405.

LARS SUNDMÄKER (1937 – 1945)

Lars Sundmäker stammte aus Bremen. Seine Eltern waren der Beamte Carl und Anna Sundmäker (geb. Buchmann). Carl Sundmäker arbeitete im Arbeitsamt. Lars hatte einen Bruder und lebte bis 1943 behütet in seiner Familie.

Dann wurde sein Vater in den Krieg eingezogen und die Mutter musste sich allein um ihre Söhne kümmern. Im Luftkrieg wurden viele Bomben auf Bremen abgeworfen, und Mutter und Söhne mussten viel Zeit im Luftschutzbunker verbringen. Dort erwartete man, dass sich Lars ruhig verhalten würde. Aber Lars war überfordert und hatte Angst. Seine Mutter dachte, er sei an einem Ort ohne Bombenangriffe besser aufgehoben und beantragte eine Heimunterbringung. Wegen Lars‘ Beeinträchtigung bat Schwester Antje von der Beratungsstelle für Körperbehinderte im Gesundheitsamt Bremen um seine Aufnahme in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg. Zeitgleich wurden Lars und ein weiteres Bremer Kind, Claus Stock (1939 – 1943), dem »Reichsausschuss« gemeldet. Doch dieser war nicht bereit, die Kosten zu übernehmen.

LARS SUNDMÄKER

Lars Sundmäker kommt aus Bremen.
Er hat einen Bruder.
Seine Eltern sind Karl und Anna Sundmäker.
Der Vater arbeitet beim Arbeits-Amt.
Im Krieg ist er bei der Militär-Verwaltung.

Die Mutter kümmert sich um die Kinder.
Das ist schwer für sie,
denn es ist Krieg.
In Bremen fallen viele Bomben.
Die Familie muss in einen Keller.
Dort sind sie vor den Bomben sicher.
Sie müssen jeden Tag viele Stunden in den Keller.

Lars hat oft Angst.
Er weint und er schreit viel.
Die Mutter denkt:
Lars muss in ein Heim, wo es keine Bomben gibt.

Die Mutter geht zum Gesundheits-Amt.
Dort arbeitet Schwester Antje.
Sie sagt:
Lars muss in die Kinder-Fachabteilung.
Sie meldet ihn beim Reichsausschuss.

Feldpost-Brief von Carl Sundmäker an die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg vom 19.2.1944.

Feldpostkarte von Carl Sundmäker (Nr. 57948) an seinen Sohn Lars Sundmäker vom 28.12.1944, Vorder- und Rückseite.

NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83. Nr. 405.

Daraufhin sollten die Eltern die Pflegekosten bezahlen. Da sie das Geld dafür nicht hatten, wurde Lars am 12. Juli 1943 von seiner Mutter »gegen ärztlichen Rat« aus der »Kinderfachabteilung« Lüneburg wieder nach Hause geholt.

Dann änderte sich die Situation. Unerwartet wurde das Zuhause mit Bombengeschädigten aus Hamburg belegt und die Familie kam in eine Notunterkunft. Für die Mutter war diese Belastung zu groß. Nachdem sich das Sozialamt Bremen bereit erklärt hatte, sich an den Pflegekosten zu beteiligen, bat sie den Ärztlichen Direktor Max Bräuner um erneute Aufnahme ihres Sohnes in Lüneburg. Der Aufenthalt sollte nur übergangsweise sein, bis ein neues Zuhause gefunden worden war.

Am 3. August 1943 wurde Lars ein zweites Mal in die »Kinderfachabteilung« aufgenommen. Anfang 1944 erhielt er Besuch von seinem Vater, der vor seiner Versetzung nach Italien noch kurz Heimaturlaub bekommen hatte. Der Vater war entsetzt über den Zustand seines Sohnes. Er kündigte Max Bräuner an, der Sohn werde so bald wie möglich wieder nach Hause geholt werden. Doch es fand sich kein neues Zuhause, die Mutter wurde immer wieder umquartiert.

Der Vater schrieb Briefe und Postkarten, erkundigte sich nach seinem Sohn. Die letzte Postkarte erreichte Lüneburg, als Lars bereits tot war. Er starb am 3. Januar 1945.