
Minna und Hinrich Hauschild mit ihren zu diesem Zeitpunkt acht Kindern, 1910.
Privatbesitz Inge Bredehöft.
MINNA HAUSCHILD (1875 – 1945)
Minna Hauschild, geborene Tobaben, stammte aus Regesbostel bei Buxtehude. Sie war das jüngste von 14 Kindern des Hofbesitzers Hans Jochen Tobaben und seiner Frau Anna Metta. Am 14. Januar 1898 heiratete Minna den vier Jahre älteren Hofbesitzer-Sohn Johann Hinrich Hauschild aus Nindorf bei Stade. Gemeinsam bekamen sie neun Kinder: Dora (1898), Hinrich (1899), Johannes (1901), Wilhelm (1903), Gustav (1904), Hermann (1906), Anna (1907), Walter (1910) und Martha (1911).
Während des Ersten Weltkrieges musste Minna die eigene Hofstelle mit der Hausnummer 29 in Nindorf weitgehend alleine bewirtschaften, da Hinrich Soldat war. Nach seiner Rückkehr wurde der Hof wieder gemeinsam bewirtschaftet. Möglicherweise kam nach dem Krieg ein Milchhandel hinzu, der dazu geführt habe, dass sich die Hauschilds sogar ein Auto leisten konnten.
Bis auf das jüngste Kind Martha heirateten Minnas Kinder zwischen 1922 und 1939. Der drittälteste Sohn blieb mit seiner Ehefrau Anna und seinen drei Kindern auf dem Hof, den er 1944 übertragen bekam. Minna und ihr Ehemann Hinrich waren inzwischen zu alt, um zu helfen.
Außerdem entwickelte Minna ab ca. 1943 eine Altersdemenz. Sie lief häufig fort und schien auch Geschichten zu erzählen, die nicht schlüssig waren oder nicht stimmten. Es war für die Familie eine schwierige Zeit, und sie mussten Minna häufig suchen. Es gab auch unter den Kindern Diskussionen, wie mit der Situation umzugehen sei. Schlussendlich wurde Minna am 25. Oktober 1944 in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg eingewiesen.
Minna kam dort in einer Zeit an, in der sich die Versorgungssituation der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg zuspitzte. Der Anstaltsalltag war von starkem Mangel sowie Unter- und Fehlversorgung geprägt, was durch Überbelegungen noch verschärft wurde. Dies führte unter den Erkrankten zu erhöhtem Hungersterben und beschleunigte die Ausbreitung tödlicher Infektionskrankheiten. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass es in den Monaten April bis Juli 1945 »Sterbetage« gab, an denen auffällig viele Erkrankte starben. An einem dieser »Sterbetage« starb auch Minna Hauschild, es war der 4. Mai 1945.
Minna Hauschild ist ein Opfer der »dezentralen Euthanasie«, die sich nach dem Ende des Krieges fortsetzte.
MINNA HAUSCHILD
Minna Hauschild kommt aus dem Kreis Stade.
Sie heiratet Hinrich Hauschild.
Das ist im Jahr 1898.
Sie bekommen 9 Kinder.
6 Jungen und 3 Mädchen.
Sie leben auf einem Bauern-Hof.
Dann kommt der 1. Welt-Krieg.
Hinrich wird Soldat.
Minna kümmert sich alleine um den Hof.
Er überlebt.
Nach dem Krieg verkaufen sie Milch.
Mit dem Geld kaufen sie ein Auto.
Das ist etwas besonderes.
Das hat nicht jeder.
Es geht ihnen gut.
8 ihrer Kinder heiraten bis 1939.
Der Sohn Wilhelm hat eine Frau.
Sie haben 3 Kinder.
Sie wohnen alle zusammen auf dem Bauern-Hof.
1944 bekommt er den Hof.
Minna und Hinrich sind alt.
Sie können nicht mehr arbeiten.
Minna wird krank.
Sie vergisst alles.
Sie erzählt Geschichten die nicht stimmen.
Sie läuft auch oft weg.
Die Familie kann sich nicht mehr um sie kümmern.
Sie kommt in die Anstalt nach Lüneburg.
Das ist im Oktober 1944.
In der Anstalt gibt es nicht genug Essen.
Es gibt auch nicht genug Betten.
Es gibt viele Erkältungen.
Und Lungen-Entzündungen.
Und Tuberkulose.
An denen sterben viele Erkrankte.
Dann ist der Krieg aus.
Aber in der Anstalt verbessert sich nichts.
Alles ist wie im Krieg.
Hunger.
Mangel.
Krankheiten.
An einzelnen Tagen sterben sehr viele Menschen.
Es sind Sterbe-Tage.
An einem dieser Tage stirbt auch Minna.
Das ist der 4. Mai 1945.
Das Foto zeigt Minna mit ihrer Familie.
Sie hat das 8. Kind auf dem Schoß.
Das Bild ist von 1910.