GERHARD KLOOS (1906 – 1988)
Gerhard Kloos stammte aus Sächsisch-Regen. Nach seinem Schulabschluss 1924 studierte er Medizin in Graz, Innsbruck und Hamburg. In Hamburg promovierte er 1931 im Fach Psychiatrie. Seine Assistenzarzt-Zeit verbrachte er in der Anstalt Hamburg-Langenhorn. Danach ging er an Kliniken in München und Freiburg. In der NS-Zeit wurde er Parteimitglied der NSDAP. Nach einer Tbc-Erkrankung wurde er Arzt in der Heilanstalt Haina. 1938 heiratete er Doris Gräfin von Posadowsky-Wehner.
Von Juli 1939 bis Frühjahr 1945 leitete er die Anstalt Stadtroda. Er entwickelte einen »Stufenbehandlungsplan«, demgemäß die Erkrankten durch Zwangsarbeit, Unterernährung und Verweigerung der Therapie zu Tode gebracht werden sollten. Er überwies auch Jugendliche in das Konzentrationslager Moringen. 1942 richtete er eine »Kinderfachabteilung« ein. Dort und auf anderen Stationen der Anstalt Stadtroda wurden unter seiner Führung Erkrankte ermordet. Darüber hinaus war er Beisitzer am Erbgesundheitsobergericht und damit auch an Zwangssterilisationen beteiligt.
Nach Kriegsende wurde er nur kurz interniert, ging dann nach Heidelberg und Kiel. 1949 wurde er als »unbelastet« entnazifiziert. 1952 erhielt er eine außerplanmäßige Professur an der Universität Kiel. 1954 übernahm er als Ärztlicher Direktor die Leitung des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Göttingen und wurde Sachverständiger bei Wiedergutmachungsverfahren. Ab 1958 hatte er Lehraufträge an der Technischen Hochschule Braunschweig.
Gerhard Kloos trat für Hans Heinze als Entlastungszeuge auf. Hans Hefelmann bescheinigte er Verhandlungsunfähigkeit. Ein 1962 gegen ihn selbst eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde 1963 eingestellt.
Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR begann 1964 mit Ermittlungen, nachdem Gerhard Kloos‘ Nachfolger Erich Drechsler ihn zunächst entlastet hatte. 1966 wurden auch in der DDR die Ermittlungen eingestellt. Zu viele Ärzte, die am Krankenmord beteiligt gewesen waren, wären in Mitleidenschaft geraten.
Gerhard Kloos wurde 1983 erstmals öffentlich für seine Beteiligung am Krankenmord angegriffen. Seinen Kritiker Helmut Becker verklagte er daraufhin. Das Verfahren endete 1985 mit Beckers Freispruch. Danach stand eine Wiederaufnahme der Mordermittlungen im Raum. Im März 1988 leitete die Generalstaatsanwaltschaft Celle ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen der Oberstaatsanwaltschaft Göttingen an den Generalstaatsanwalt der DDR weiter. Parallel wurde das Ministerium für Staatssicherheit tätig und wollte internes Material zu den Patientenmorden in Stadtroda auswerten. Nach Gerhard Kloos‘ Tod am 22. April 1988 wurde das Verfahren eingestellt.
GERHARD KLOOS
Gerhard Kloos kommt aus Sachsen.
Er ist 1906 geboren.
Er geht auf eine Hochschule.
Er wird Arzt.
Er ist auch Nazi.
Er macht mit beim Kranken-Mord.
Er leitete die Anstalt in Stadtroda.
Da werden Kranke durch Arbeit getötet.
Und durch Hungern lassen.
Und weil man ihnen nicht hilft.
Sie keine Therapie bekommen.
Es gibt eine Kinder-Fach-Abteilung.
Da werden Kinder ermordet.
Dann ist der Krieg aus.
Gerhard Kloos arbeitet als Arzt weiter.
Keiner fragt ihn was er gemacht hat.
In der Nazi-Zeit.
Er ist sehr erfolgreich.
Er wird Professor.
Er wird Leiter der Anstalt in Göttingen.
Er wird auch in Braunschweig Professor.
Gerhard Kloos ist mit Hans Heinze und Hans Hefelmann befreundet.
Er behauptet:
Sie haben nicht mitgemacht beim Kranken-Mord.
Er lügt.
Er hilft ihnen.
Damit sie nicht bestraft werden.
Gerhard Kloos behauptet auch:
Hans Hefelmann ist krank.
Zu krank für ein Gerichts-Verfahren.
Das Gericht glaubt ihm.
Der Arzt von Stadtroda hilft ihm auch.
Er sagt:
Gerhard Kloos ist unschuldig.
Aber das ist eine Lüge.
Das gibt der Arzt von Stadtroda auch zu.
Er sagt:
Ich habe nicht die Wahrheit gesagt.
Gerhard Kloos ist doch am Kranken-Mord beteiligt.
Trotzdem wird Gerhard Kloos nicht bestraft.
Nicht in West-Deutschland.
Nicht in Ost-Deutschland.
Dann ist 1983.
Ein junger Arzt sagt:
Gerhard Kloos ist ein Mörder.
Dafür wird er verklagt.
Aber er gewinnt vor Gericht.
Das ist 1985.
Danach kann Gerhard Kloos vor Gericht kommen.
Er kann bestraft werden.
Aber er stirbt im gleichen Jahr.