NFC zu N-P-01

ERMITTELN UND BEWERTEN

Das Papier ist vergilbt. Die vorgedruckten Kategorien des Fragebogens sind mit sehr ordentlicher Schrift handschriftlich ausgefüllt.

Auszug aus dem Fragebogen der britischen Militärregierung zur Entnazifizierung von Max Bräuner.

NLA Hannover Nds. 171 Lüneburg Nr. 29889.

Carola Kleim füllte den Fragebogen der britischen Militärregierung für die politische Überprüfung von Max Bräuner aus. Die Sonderzuwendungen für seine Beteiligung am Krankenmord unterschlug sie. Seine Arbeit als Beisitzer für das Erbgesundheitsgericht blieb ebenfalls unerwähnt. Seine Aufgaben für das Rassenpolitische Amt wurden verharmlost.

Am 24. August 1945 wurden Max Bräuner und Wilhelmine Wolf als einzige Beschäftigte aus ihrem Dienst in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg entlassen. Mitglieder der britischen Sicherheitspolizei machten sie für die katastrophalen Zustände auf den Stationen verantwortlich. Den Arzt Rudolf Redepenning hielten die Briten für unverdächtig und unbelastet. Er wurde der neue Ärztliche Direktor.

Das Papier ist vergilbt und wirkt abgegriffen. Das Dokument ist auf beiden Seiten gelocht. Der Text ist mit der Schreibmaschine verfasst. Es wurden handschriftlich mehrere Notizen vorgenommen.

Schreiben des Oberpräsidenten der Provinz Hannover (Georg Andreae) vom 24.8.1945.

NLA Hannover Nds. 300 Acc. 2005/128 Nr. 16.

RUDOLF REDEPENNING (1883 – 1967)

Das Papier des Artikels ist vergilbt. Das Foto zum Artikel ist schwarz-weiß. Es zeigt zwei Männer, einer davon Redepenning mit der Ernennungsurkunde in der Hand an einem Tisch. Sie stehen einander zugewandt. Handschriftlich sind die Quellenangaben des Artikels oberhalb aufgeschrieben worden.
Das Papier des Artikels ist vergilbt. Das Foto zum Artikel ist schwarz-weiß. Es zeigt zwei Männer, einer davon Redepenning mit der Ernennungsurkunde in der Hand an einem Tisch. Sie stehen einander zugewandt. Handschriftlich sind die Quellenangaben des Artikels oberhalb aufgeschrieben worden.
Der Brief ist eng mit Schreibmaschine geschrieben und umfasst zwei Seiten. Er ist oben nummeriert.
In der Vitrine liegt die geöffnete Schatulle des Ordens. In der dunkel gepolsterten Schatulle liegt das rote Kreuz.
In der Vitrine liegt die Urkunde. Sie ist auf gelbes Papier gedruckt. Der Name des Ordens ist rot und groß geschrieben. Die Urkunde ist vom Bundespräsidenten unterschrieben.
Es ist ein schwarz-weißes Porträt. Willi Baumert ist bis zur Brust zu sehen. Er trägt einen Anzug mit Krawatte. Seine wenigen Haare sind streng nach hinten frisiert. Er trägt eine markante Brille und blickt in die Kamera.
Es ist ein leicht vergilbtes, gelochtes Papier. Es ist eng mit Schreibmaschine beschrieben. Die ebenfalls beschriebene Rückseite scheint durch. Unter dem Text ist eine handschriftliche Notiz. Stempel der Archivierung sind sichtbar.

Vernehmungsprotokoll von Günter Schulz vom 17.10.1945.

Arhiv Jugoslavije Beograd Inv. Nr. 13093.

Ärztinnen und Pflegekräfte wurden von der britischen Militärpolizei zu den Morden an Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern befragt, die ab 1943 im Städtischen Krankenhaus Lüneburg verübt worden waren. Es lagen mehrere Zeugenaussagen vor. Der Arzt Günter Schulz wurde danach nach Belgrad ausgeliefert und saß dort in Haft. Er machte eine Aussage.

Im Oktober 1946 fand im Gefängnis in Belgrad eine zweite Befragung von Günter Schulz statt. Dort kam es vor dem Militärgericht zu einem Prozess. Es gelang den Angeklagten Helmut Bock, Günter Schulz und Margarete Dethlefsen nicht, den mittlerweile verstorbenen Ärztlichen Direktor Adolf Wilke allein für den Mord verantwortlich zu machen.

Es ist ein leicht vergilbtes, gelochtes Papier. Es ist eng mit Schreibmaschine beschrieben. Die ebenfalls beschriebene Rückseite scheint durch. Unter dem Text ist eine handschriftliche Notiz. Stempel der Archivierung sind sichtbar.

Auszug aus dem Vernehmungsprotokoll von Günter Schulz vom 31.10.1946.

Arhiv Jugoslavije Beograd Inv. Nr. 13093.

Es ist eine sehr vergilbte Seite. Die Seite ist eng bedruckt ohne Fotos. Mittig unten findet sich der Artikel unter der Überschrift »Belgrader Todesurteil gegen Lüneburger Ärzte«.
Die Liste ist gedruckt. Das Papier ist hell und oben links geheftet und umgeschlagen. Links ist das Dokument gelocht.

Vernehmungsprotokoll von Günter Schulz vom 17.10.1945.

Arhiv Jugoslavije Beograd Inv. Nr. 13093.

Bei den Ermittlungen zum Mord an Erkrankten ausländischer Herkunft konnten 34 Personen namentlich benannt werden, die im Städtischen Krankenhaus Lüneburg ermordet worden waren:

JUGOSLAWIEN

Babic, Blagoje

Ubinovel [ohne Namensprüfung]

Babic, Gjuro Petrov

Sudar, Bogdan

Milivojac, Stojan

Vidovic, Milan

Cikic, Dragilin

Cicic, Uros

Lokvić/Lokušević, Duran [ohne Namensprüfung]

RUSSEN

Zurk, Sven [ohne Namensprüfung]

Senkowetz, Johann

Milevan, Beljrus [ohne Namensprüfung]

Vojšenko, Frosja [ohne Namensprüfung]

Jannjuk, Fedor

Kula, Valdemar [ohne Namensprüfung]

Kolb, Theodor

Kudin, Peter

Teslenko, Kusima

Onitschuk, Wasily

Bodnar, Wasyl

Preytschenko, Michail

Varonska, Hana [ohne Namensprüfung]

Tschuba, Wasyli

Matuck, Maria

Kutscher, Iwan

Antein, Kosta [ohne Namensprüfung]

Ehušnjivik, Marija [ohne Namensprüfung]

Belons, Wassily


POLEN

Bialy, Wladyslaw

Premas, Helene

Tabat, Valentin

Sakubek, Sabina

TSCHECHIEN

Domeika, Elena


BELGIEN
Baert, Frans Hilaire

Verfügung der Oberstaatsanwaltschaft Hannover an die Kriminalpolizei Lübeck vom 22.5.1948.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3.

Bereits im Oktober 1945 erstattete Rechtsanwalt Hans Bolenius Anzeige gegen Max Bräuner und Willi Baumert. Bolenius verdächtigte beide, in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg Kinder ermordet zu haben. So auch Ulf Quadfasel, den Sohn seiner Ehefrau Margret. Erst 1948 wurde die staatsanwaltschaftliche Ermittlung aufgenommen.

1952 wurde Hans Heinze (ehemaliger Gutachter beim »Reichsausschuss«) vorzeitig aus dem Straflager entlassen und ging nach Westdeutschland. 1953 wurde er wieder im Staatsdienst eingestellt. Ein Jahr später wurde er Leiter der neu eröffneten Kinder- und Jugendpsychiatrie Wunstorf. Im Oktober 1960 ging er vorzeitig in Pension. Aufgrund eines Ermittlungsverfahrens wegen Mordes wurde die Auszahlung seines Ruhegehaltes 1961 eingestellt. 1965 legte er ein Attest vor, das ihm bescheinigte, nicht in der Lage zu sein, »zu irgendwelchen Fragen verantwortlich Stellung zu nehmen und längere Unterredungen körperlich durchzuhalten.« Daraufhin wurden die Ermittlungen gegen ihn eingestellt, obwohl seine Beteiligung an der »Kinder-Euthanasie« eindeutig bewiesen war.

Es ist ein schwarz-weißes Bild. Zu sehen ist Heinz Heinze halb liegend am Boden mit zwei jungen Enkelkindern. Zwischen den dreien liegt ein Legohaus, an dem Heinz Heinze gerade zu bauen scheint. Er trägt einen dunklen Anzug mit Krawatte und wirkt gelöst.

Das Familienfoto aus dem Jahr 1965 von Hans Heinze beim Spiel mit zwei Enkelkindern lässt den schlechten Gesundheitszustand nicht erkennen, der ihm in Gutachten bescheinigt worden war.

Privatbesitz Hilde Winkelmann | Arbeitskreis Stolpersteine Rehburg-Loccum.

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Vernehmung von Marie-Luise Heusmann vom 3.11.1947.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3.

1947 wurden alle Beschäftigten zu den Vorkommnissen in Lüneburg befragt. Nahezu wortgleich antworteten sie, dass es in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg keinen Krankenmord gegeben habe. Die hohe Zahl an Todesfällen erklärten sie durch die schlechte Versorgungslage, später dann durch viele Bombenopfer aus Hamburg. Der Vergleich der Vernehmungsprotokolle zeigt, dass die Aussagen abgesprochen waren. Die Ermittelnden ließen sich täuschen.

ULF QUADFASEL (1940 – 1943)

Es ist ein schwarz-weiß Foto. Es zeigt die Mutter sitzend mit der Cousine auf dem Schoß. Sie sitzen in einem Garten. Beide tragen schicke Kleidung und wirken sehr vergnügt.
Der Brief ist mit der Schreibmaschine verfasst und handschriftlich unterschrieben. Das Papier ist vergilbt.

Zur Überprüfung des Anfangsverdachts wurden am 31. Mai 1948 zwei Ärzte aus den Heil- und Pflegeanstalten Göttingen und Wunstorf beauftragt, die Todesursachen von 20 Kindern anhand der Einträge in den Krankenakten zu überprüfen. Sie kamen zu folgendem Ergebnis: Es kann nicht nachgewiesen werden, dass der Tod gewaltsam herbeigeführt worden ist. Daraufhin wurden die Ermittlungen 1949 eingestellt.

Der Brief ist mit der Schreibmaschine verfasst und handschriftlich unterschrieben. Das Papier ist vergilbt.

Brief der Oberstaatsanwaltschaft Hannover an die Ärzte Berger und Gerson vom 31.5.1948.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3.

Der Auszug ist mit der Schreibmaschine verfasst und handschriftlich unterschrieben. Das Papier ist vergilbt. Es ist von Dr. Berger handschriftlich unterzeichnet.

Auszug aus dem ärztlichen Gutachten von Berger an die Oberstaatsanwaltschaft Hannover vom 1.7.1948.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3.

Es ist ein schwarz-weißes Bild. Aus einer erhöhten Position aufgenommen zeigt es eine Straßenkreuzung. Auf der gegenüberliegenden Seite steht die Turnhalle mit zwei markanten eckigen Türmen. Sie ist prachtvoll mit Backstein gemauert.

MTV-Halle, Lindenstraße 30 in Lüneburg, etwa 1965.

Privatbesitz Beckmann | ArGW.

Es ist ein Schwarz-Weiß-Bild. Es zeigt den Blick auf den Angeklagten, der sich erhoben hat. Neben ihm steht auf jeder Seite ein uniformierter Militärpolizist. Brandt blickt ernst und trägt Kopfhörer mit Kabel. Die vor ihm sitzenden Juristen wirken vertieft in das, was sie ebenfalls über Kopfhörer hören. Nur einer von ihnen dreht sich zu ihm um. Im Hintergrund sind die Marmorsäulen und schweren Holzvertäfelungen des Raumes zu erkennen.

Karl Brandt (stehend) bei der Urteilsverkündung zum Abschluss des Nürnberger Ärzteprozesses, 20. August 1947.

Kopie ArEGL.

Während der ersten Untersuchungen zu den Lüneburger Krankenmorden fand in Lüneburg von September bis November 1945 der Bergen-Belsen-Prozess statt. Außerdem wurden von Oktober 1945 bis April 1949 weitere 13 »Nürnberger Prozesse« geführt. Nur einer dieser Prozesse bezog sich auf den Krankenmord im Deutschen Reich. Der Mord in »Kinderfachabteilungen« und an Erkrankten ausländischer Herkunft spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Im Zentrum stand die »Aktion T4«.

BERGEN-BELSEN-PROZESS (17.9. – 17.11.1945)

Der erste Kriegsverbrecher-Prozess auf deutschem Boden wurde in der Turnhalle des Lüneburger MTV durchgeführt. Er stieß international auf großes Interesse. Im Mittelpunkt standen die Verbrechen im Kriegsgefangenen- und Konzentrationslager Bergen-Belsen. Mitverhandelt wurden auch Taten im KZ Auschwitz-Birkenau. Damit neben den 45 Angeklagten auch rund 200 Journalisten und Prozessbeobachter Platz fanden, wurde die MTV-Halle umgebaut. Dieses Bild entstand wenige Tage vor Prozessbeginn.

BERGEN-BELSEN-PROZESS

In der Nazi-Zeit gibt es im KZ in Bergen-Belsen
viele Verbrechen.
Zum Beispiel: Mord.

Nach der Nazi-Zeit kommen die Täter
von den Verbrechen vor das Gericht in Lüneburg.
Es gibt einen Prozess gegen die Täter.
Man nennt das auch: Kriegsverbrecher-Prozess.
In Lüneburg gibt es den ersten Kriegsverbrecher-Prozess nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland.

Menschen aus der ganzen Welt wollen
beim Prozess dabei sein.
Zum Beispiel: Reporter.
Das Gericht in Lüneburg ist zu klein
für so viele Menschen.
Darum macht man den Prozess in einer Turnhalle.
Tischler bauen die Turnhalle extra um
für den Prozess.
Das sieht man auf diesem Foto.

Das andere Foto zeigt den Gerichts-Prozess.
Man sieht die Angeklagten vom Prozess.
Beide Fotos sind vom September 1945.

Es ist ein schwarz-weißes Foto. Zu sehen sind eckige Bänke aus hellem Holz. Ein Tischler erledigt Montagearbeiten. Schraubzwingen und eine Leiter sind sichtbar im Bild.

Tischlerarbeiten in der MTV-Turnhalle. Ein Tischler montiert die Sitze.
Fotograf Sgt. Wilkes.

IWM BU 10369.

Es ist ein schwarz-weißes Foto. Zu sehen ist ein Blick von oben auf eine große Menge sitzender Mesnchen. Alle sind zum rechten Bildrand hin ausgerichtet. Die ersten zwei Reihen bilden Menschen mit militärischer Kleidung an einem langen Tisch mit Papieren und Leselampen. Dahinter sitzen abgetrennt durch eine Brüstung drei Reihen Menschen mit einheitlicher Kleidung und Nummern vorne auf der Brust. Hinter ihnen sitzen Personen in Uniform.

45 Angeklagte im Bergen-Belsen-Prozess, 17.9.1945. Der ehemalige Lagerkommandant Josef Kramer, der mit der Nummer 1 gekennzeichnet ist, ist in der unteren linken vorderen Ecke zu sehen.

IWM HU 59545.

Zu den Krankenmorden in den Tötungsanstalten Brandenburg, Pirna-Sonnenstein, Hadamar und Pfafferode gab es ab Oktober 1945 jeweils vor Ort Ermittlungs- und Strafverfahren gegen die Tatbeteiligten. Viele Verfahren wurden eingestellt oder gingen straffrei bzw. mit milden Urteilen aus.

Nach der Nazi-Zeit untersucht man
den Kranken-Mord in den Tötungs-Anstalten
• Brandenburg,
• Pirna-Sonnenstein,
• Hadamar und
• Pfafferode.

Es gibt Gerichts-Verfahren gegen die Täter
vom Kranken-Mord.
Aber es gibt nur für wenige Täter Strafen.
Oft bekommen die Täter nur kleine Strafen.

STRAFVERFOLGUNG ZU BRANDENBURG

STRAFVERFOLGUNG ZU PIRNA-SONNENSTEIN

Es ist ein schwarz-weißes Foto. In drei Reihen sitzen Personen auf erhöhten Holzbänken. Die Bänke sind durch Tische und Balustraden voneinander getrennt. Die Männer tragen Anzüge. Einige der Frauen tragen weiße Schwesternhauben.

STRAFVERFOLGUNG ZU HADAMAR

Es ist ein schwarz-weißes Foto. In einem kleinen Raum befinden sich vier Männer und eine Frau. Sie sitzen um einen Holztisch. Die Männer tragen Uniform, die Frau Schwesternkleidung. Auf dem Tisch liegen einige Papiere und Stempel.

Zeitungsbericht »Beihilfe zur Tötung in 260 Fällen« in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 11.7.1950, S. 2.

ArEGL.

Nur drei Wochen später endete der Prozess mit ihrem Freispruch. Er wurde mit der Persönlichkeit der Angeklagten und der damaligen »außergewöhnlichen Lage« begründet.

Es ist ein Ausschnitt einer Zeitung. Das Papier ist leicht vergilbt. Einige Flecken sind erkennbar. Der Artikel ist zweispaltig geschrieben.

Zeitungsbericht »Freisprüche im Euthanasie-Prozeß« in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 31.7.1950.

ArEGL.

Die Mitschrift ist eng mit Schreibmaschine verfasst. Einige Namen und Ausdrücke sind handschriftlich unterstrichen.
Der Brief ist mit der Schreibmaschine verfasst und handschriftlich unterzeichnet. Ein Eingangsstempel ist oben sichtbar.

Aus der Vernehmung von Max Bräuner am 30. November 1961 vor dem Untersuchungsrichter, Landgericht Frankfurt am Main.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3.

VERNEHMUNG VON MAX BRÄUNER

Max Bräuner wurde noch mehrere Male zur Vernehmung vorgeladen. Bei seiner Vernehmung am 11. Dezember 1962 begründete er ausführlich, warum er der Einrichtung einer »Kinderfachabteilung« zugestimmt hatte. Er behauptete, er hätte es zum Wohlergehen der Anstalt gemacht. Er hatte auch kein schlechtes Gewissen. Er behauptete, er hätte damals gedacht, alles sei rechtmäßig. Er tat so, als sei er getäuscht worden und übernahm keine Verantwortung.

VERNEHMUNG VON MAX BRÄUNER

Max Bräuner muss oft Fragen beantworten.
Der Staatsanwalt will von ihm wissen:
Warum gibt es in der Nazi-Zeit
eine Kinder-Fachabteilung in Lüneburg?

Max Bräuner sagt:
Die Nazis wollten die Anstalt in Lüneburg schließen.
Die Anstalt sollte eine Schule werden.
Die Anstalt konnte nur bleiben,
weil es eine Kinder-Abteilung gab.

Max Bräuner sagt auch:
Ich dachte, der Kranken-Mord ist erlaubt.

Das Protokoll ist mit der Schreibmaschine verfasst. Die Seiten sind eng beschrieben und links gelocht. Einzelne Namen und Ausdrücke sind handschriftlich rot unterstrichen.

Vernehmung von Max Bräuner vom 11.12.1962.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3/1.

Aus der Vernehmung von Max Bräuner vom 11.12.1962, S. 2 | 8.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3/1.

Das Protokoll ist mit der Schreibmaschine verfasst. Die Seiten sind eng beschrieben und links gelocht. Einzelne Namen und Ausdrücke sind handschriftlich rot unterstrichen.

Vernehmung von Willi Baumert vom 17.12.1962.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3/1.

VERNEHMUNG VON WILLI BAUMERT

Als die Ermittlungen gegen Willi Baumert wieder aufgenommen wurden, war er bereits sechs Jahre Ärztlicher Direktor des Landeskrankenhauses Königslutter und Vorsitzender des Verbandes der niedersächsischen Anstaltsärzte und Psychiater. Im Dezember 1962 gab er zu, hundertfach Kinder ermordet zu haben. Er übernahm keine Verantwortung für seine Taten. Er sagte, er habe auf Anweisung von oben gehandelt. Außerdem verklärte er die Morde als Dienst an der Wissenschaft.

VERNEHMUNG VON WILLI BAUMERT

Nach der Nazi-Zeit ist Willi Baumert Chef
von der Anstalt Königslutter.
Er ist auch Chef von einem Berufs-Verband.
In dem Berufs-Verband sind alle Anstalts-Ärzte
in Niedersachsen Mitglied.
In dieser Zeit weiß der Staatsanwalt schon:
Willi Baumert ist ein Mörder.
Denn in der Nazi-Zeit macht er mit
beim Kinder-Mord.

Der Staatsanwalt fragt Willi Baumert oft
nach den Morden.
Aber Willi Baumert gibt die Morde nicht zu.
Er sagt: Ich bin kein Mörder.

Erst im Dezember 1962 sagt Willi Baumert:
Es stimmt, ich habe Kinder ermordet.
Aber ich habe nur das gemacht,
was die Nazis mir gesagt haben.
Die Morde sind nicht meine Schuld.
Willi Baumert sagt auch:
Die Morde waren für die Forschung.

Aus der Vernehmung von Willi Baumert vom 17.12.1962, S. 8.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3/1.

VERNEHMUNG VON DORA VOLLBRECHT

Nachdem Dora Vollbrecht am 22. Mai 1962 bei einer Befragung des Untersuchungsrichters gelogen hatte, quälte sie ihr schlechtes Gewissen. Sie vertraute sich einem Bekannten an, der sie davon überzeugte, die Wahrheit zu sagen. Daraufhin machte sie am 4. Juni 1962 eine neue Aussage, in der sie ihre Beteiligung am Mord in der Lüneburger »Kinderfachabteilung« genau beschrieb.

VERNEHMUNG VON DORA VOLLBRECHT

In der Nazi-Zeit ist Dora Vollbrecht Pflegerin
in der Kinder-Fachabteilung in Lüneburg.
Im Jahr 1962 muss sie dem Staatsanwalt
Fragen beantworten.
Erst lügt sie.
Sie sagt:
Ich erinnere mich an keine Morde.
Den Kindern ging es immer gut.

Eine Woche später sagt sie dann die Wahrheit.
Denn sie hat ein schlechtes Gewissen.
Sie kann nicht mehr lügen.
Sie gibt zu:
Ich bin eine Mörderin.
Sie beschreibt genau,
was sie bei den Morden gemacht hat.

Das Protokoll ist mit der Schreibmaschine verfasst. Die Seiten sind eng beschrieben und links gelocht. Einzelne Namen und Ausdrücke sind handschriftlich rot unterstrichen.

Vernehmung von Dora Vollbrecht vom 4.6.1962.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3/1.

Vernehmung von Dora Vollbrecht vom 4.6.1962, S. 5 | 8.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3/1.

Die Bescheinigung ist auf einer halben Seite mit der Schreibmaschine verfasst. Sie ist handschriftlich unterzeichnet.

Ärztliche Bescheinigung über Willi Baumert vom 19.1.1963.

NLA Hannover Nds. 721 Lüneburg Acc. 8/98 Nr. 3/1.

1966 wurden die Ermittlungen gegen Max Bräuner und Willi Baumert, 1980 gegen Dora Vollbrecht eingestellt. Alle drei legten ärztliche Bescheinigungen vor, die besagten, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage seien, gerichtlich verhandelt zu werden. Es kam daher zu keiner Anklage, und es gab nie einen Gerichtsprozess. Ihre Taten wurden nicht bestraft.

Während der Ermittlungen gegen die Lüneburger Tatbeteiligten lief der Strafprozess gegen Werner Heyde am Landgericht Frankfurt am Main. Der Prozess fand in der Öffentlichkeit großes Interesse. Im Januar 1964 widmete ihm DER SPIEGEL auf den Seiten 28 bis 38 die Titel-Geschichte. Einen Monat später nahm sich Werner Heyde das Leben und entzog sich auf diese Weise einem Urteil.

Das Titelbild des »Spiegels« zeigt ein schwarz-weißes Portrait von Werner Heyde. Er ist im Anzug mit ernstem Gesichtsausdruck zu sehen. Mit dickem Strich ist ein energisches Kreuz über das Gesicht gemalt.

DER SPIEGEL, Nr. 8, Januar 1964.

ArEGL 191.

DORA VOLLBRECHT (1906 – 1984)

Der Brief ist mit der Schreibmaschine verfasst und handschrifltich unterschrieben und abgestempelt.

KEINE STRAFVERFOLGUNG

STRAFVERFOLGUNG

Der Titel des Buches zeigt die schwarz-weiße Fotografie einer Mutter und eines Kleinkinds vor orangenem Hintergrund. Die Mutter blickt zu ihrem Kind hinauf, welches den rechten Arm nach oben streckt und seiner Hand hinterher zu schauen scheint.

KARRIEREN IN DER BRD UND IN DER DDR

Der Titel des Buches zeigt die schwarz-weiße Fotografie einer Mutter und eines Säuglings vor blauem Hintergrund. Die Mutter hält ihr Kind innig im Arm.

Hans-Christoph Hempel: Säuglingsfibel. Leipzig 1970.

Hans-Christoph Hempel war ehemaliger Leitender Arzt der Universitätskinderklinik Leipzig und leitete in der DDR die Bezirks-Kinderklinik Karl-Marx-Stadt (Chemnitz). Gegen ihn fanden nie Ermittlungen statt, obwohl er in der Leipziger »Kinderfachabteilung« für die »Sonderbehandlung« der Kinder und Jugendlichen zuständig gewesen war. 1960 habilitierte er. 1969 veröffentlichte er als »Verdienter Arzt des Volkes« die »Säuglingsfibel«. Darin betonte er besonders die Vorteile der Krippenunterbringung von Kleinstkindern.