NFC zu H-B-09
HENRY WEYN (1924 – 1945)

Auszug aus der Krankengeschichte von Henry Weyn.
NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 02100.
Henry Weyn war zusammen mit seinem Vater aus St. Niklas bei Antwerpen (Belgien) ins Deutsche Reich geflohen. Er wurde im Oktober 1944 in die Lüneburger Heil- und Pflegeanstalt eingewiesen. Mit seiner Verlegung von Haus 21 in die »Ausländersammelstelle« in Haus 15 enden die Einträge in seiner Krankenakte. Rudolf Redepenning trug nur noch seinen Tod ein. Der angeblich tödliche Dauerkrampf fehlt in der ansonsten ausgefüllten »Krämpfekurve«. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Henry Weyn getötet wurde.
HENRY WEYN
Henry Weyn kommt aus Belgien.
Im Zweiten Weltkrieg kommt er zusammen
mit seinem Vater nach Deutschland.
Die beiden sind Kriegs-Flüchtlinge.
In Deutschland wird Henry krank.
Darum kommt er in die Anstalt nach Lüneburg.
Zuerst ist Henry in Haus 21.
Dann kommt er in die Ausländer-Sammelstelle.
Dort stirbt er sehr schnell.
Die Ärzte sagen: Henry stirbt an einem Anfall.
Aber es ist sehr sicher, dass Henry ermordet wird.
Das ist eine Seite aus der Kranken-Akte von Henry Weyn.
In der Kranken-Akte steht nicht,
dass Henry einen Anfall hat.
In der Kranken-Akte steht nur: Henry ist gestorben.
Der Arzt Rudolf Redepenning schreibt das
in die Kranken-Akte.
STEFAN LAPIKOW (1907 – 1945)

Auszug aus der Krankengeschichte von Stefan Lapikow.
NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 00683.
Stefan Lapikow starb in Lüneburg eine Woche nach seiner Ankunft aus der Anstalt Wehnen, ohne von einem Arzt untersucht worden zu sein. Die erkrankten Zwangsarbeiter*innen erfuhren mehrfache Ausgrenzung und Gewalt. Durch die Zwangsarbeit kamen sie bereits besonders geschwächt in der Heil- und Pflegeanstalt an. Auf ihre Fremdsprachigkeit wurde kaum Rücksicht genommen. Da sie nur unzureichend mit Nahrung und Medikamenten versorgt wurden, wurden viele körperlich schwer krank und starben. Rudolf Redepenning untersuchte sie erst zwei Wochen nach ihrer Ankunft.
STEFAN LAPIKOW
Stefan Lapikow ist ein kranker Zwangs-Arbeiter.
Er kommt aus der Anstalt Wehnen
in die Ausländer-Sammelstelle Lüneburg.
Kein Arzt kümmert sich um ihn in Lüneburg.
Er stirbt nach einer Woche.
Die Zwangs-Arbeiter erleben viel Gewalt.
Sie leiden unter der Zwangs-Arbeit.
Sie sind oft schwach.
In der Ausländer-Sammelstelle hilft man ihnen nicht.
Keiner versteht ihre Sprache.
Sie bekommen kein Essen und keine Medikamente.
Der Arzt Rudolf Redepenning untersucht sie erst
nach 2 Wochen.
Viele sind dann schon tot.
ILJA MATZIUK (1944 – 1945)


Aktendeckel und das Sachenverzeichnis der Krankenakte von Ilja Matziuk, Vorderseite.
NLA Hannover Hann. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 01836.
Ilja Matziuk wurde am 7. September 1944 in Delmenhorst geboren. Am 14. Dezember 1944 wurde sie zusammen mit ihrer Mutter, der Zwangsarbeiterin Maria Matziuk, aus der Heil- und Pflegeanstalt Wehnen bei Oldenburg in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg gebracht. Sie gehörte also zu den insgesamt 33 Personen, die an diesem Tag nach Lüneburg verlegt wurden. Weil sie keine Behinderung hatte, wurde Ilja nicht in die »Kinderfachabteilung« aufgenommen, sondern blieb bei ihrer Mutter. Obwohl es mitten im Winter war, hatte Ilja bei ihrer Ankunft in Lüneburg nur ein Hemdchen und eine Wolljacke, vier Stoffwindeln und ein Federbett.
Ilja Matziuk starb am 3. Januar 1945, in der dritten Woche nach ihrer Ankunft. Sie wurde auf dem Anstaltsfriedhof auf dem Gräberfeld für ausländische Erkrankte und nicht auf dem Kindergräberfeld bestattet. Als Todesursache wurde »grippale Infektion« angegeben. Ihre Mutter wurde am 26. Juli 1945 »gebessert entlassen«.
ILJA MATZIUK
Ilja Matziuk ist ein Baby.
Sie ist 9 Wochen alt.
Ihre Mutter ist krank.
Darum ist sie in der Anstalt in Wehnen.
Ilja und ihre Mutter kommen im Jahr 1944
in die Ausländer-Sammelstelle nach Lüneburg.
Als Ilja nach Lüneburg kommt, ist Winter.
Aber sie hat nur ein dünnes Hemd und
eine Wolljacke an.
Darum bekommt sie eine starke Erkältung.
Ilja stirbt 3 Wochen später am 3. Januar 1945.
Sie wird auf dem Gräber-Feld
für ausländische Kranke beerdigt.
Sie kommt nicht auf das Gräber-Feld für Kinder.
Dann ist die Nazi-Zeit vorbei.
Iljas Mutter überlebt.
Sie wird im Juli 1945 aus der Anstalt entlassen.
TADEUSZ CEBULA (1927 – 1945)

Sachenverzeichnis von Tadeusz Cebula, Vorderseite.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 2004/085 Nr. 01701
Tadeusz Cebula wurde am 5. Dezember 1927 im Kreis Krakau in Polen geboren. Nach der Besetzung Polens durch die Deutschen ab 1. September 1939, wurden viele polnische Frauen und Männer zur Zwangsarbeit verpflichtet. Ab 1944 wurden dazu auch Jugendliche herangezogen. Einer dieser Jugendlichen war Tadeusz Cebula. Er war in Unterlüß bei Celle im Lager und arbeitete dort für den Rüstungsbetrieb Rheinmetall-Borsig. Laut Krankenakte war Tadeusz Cebula im Lager III untergebracht. Weil er angeblich »hochgradig schwachsinnig und in der Lagergemeinschaft wegen Unsauberkeit nicht tragbar« gewesen sei, ordnete der Betriebs- und Lagerarzt Hartung am 18. Januar 1945 seine Unterbringung in einer Anstalt an.
Das »Sachenverzeichnis« gibt Aufschluss darüber, dass Tadeusz am 20. Januar 1945 mit ein paar Holzpantinen, einer Mütze, zwei Hosen und zwei Hemden – also Häftlingskleidung – direkt in die »Ostarbeiter-Abteilung« in Haus 15 aufgenommen wurde.
TADEUSZ CEBULA
Tadeusz Cebula kommt aus Krakau in Polen.
Im Jahr 1944 machen die Nazis ihn zum Zwangs-Arbeiter.
Da ist Tadeusz erst 17 Jahre alt.
Er lebt in einem Lager.
Es geht ihm schlecht.
Der Lager-Arzt untersucht ihn.
Er stellt fest:
Tadeusz Cebula ist krank und braucht Hilfe.
Er muss in eine Anstalt.
Tadeusz Cebula kommt in die Ausländer-Sammelstelle nach Lüneburg.
Bei seiner Ankunft in Lüneburg hat er nur
Holz-Schuhe und Häftlings-Kleidung an.

Auszug aus der Krankengeschichte von Tadeusz Cebula.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 2004/085 Nr. 01701.
Tadeusz Cebula war stark abgemagert. In seiner Akte sind keine Hinweise auf lebensrettende Maßnahmen zu finden, beispielsweise zusätzliche Verpflegung oder Sondennahrung. Obwohl ein anderer polnischer Zwangsarbeiter als Übersetzer bestätigen konnte, dass Tadeusz Cebula gute Schulkenntnisse besaß und sehr gut rechnen konnte, kam für Rudolf Redepenning ein »angeborener Schwachsinn« infrage. Tadeusz wurde jegliche Therapie verweigert.
Tadeusz Cebula war erst 17 Jahre alt, als er am 23. April 1945 in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg starb.
Tadeusz kann kein Deutsch.
Aber ein anderer Kranker übersetzt für ihn.
Er sagt:
Vor der Zwangs-Arbeit ist Tadeusz ein guter Schüler.
Er weiß viel und kann gut rechnen.
Trotzdem sagt der Arzt Rudolf Redepenning:
Tadeusz ist dumm.
Er hat eine geistige Behinderung.
Tadeusz ist ganz dünn.
Er braucht Essen und Medikamente.
Aber die Ärzte und Pfleger geben ihm nichts.
Er bekommt keine Behandlung.
Tadeusz stirbt im April 1945.
Er stirbt an Hunger und schlechter Behandlung.
KATHARINA KUNKA (1910 – 1947)

Auszug aus der Krankengeschichte von Katharina Kunka.
NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 02058.
Katharina Kunka wurde in der Ukraine geboren. Wegen einer Tumorerkrankung wurde sie am 4. Oktober 1944 im St. Josefstift in Celle aufgenommen. Nach ihrer Rückkehr ins Zwangsarbeiterlager der Rheinmetall-Borsig-Werke in Unterlüß untersuchte sie der Betriebs- und Lagerarzt. Er wies sie wegen »Ratlosigkeit, ängstlichem Umherschauen, Nicht Ansprechbarkeit« in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg ein. Am 20. Januar 1945 kam sie dort in den »Ostarbeiterinnensaal«, den man inzwischen in Haus 16 eingerichtet hatte. Bei der Aufnahme wurde sie als blass, gehemmt und ängstlich beschrieben, »rote Strippen« auf der Brust deuteten auf eine Misshandlung hin. Im März 1945 ging es Katharina Kunka besser, sie arbeitete in der Schälküche mit.
Im September 1945 entwickelte sie erste Anzeichen einer Tuberkulose. Sie musste in der Anstalt infiziert worden sein. Obwohl sie inzwischen psychisch gesund war, wurde sie nun wegen der Tuberkulose-Erkrankung nicht entlassen.
Ab dann ging es ihr bis zu ihrem Tod am 19. Juli 1947 sehr wechselhaft. Gustav Marx ordnete mehrfach Sondenernährung für sie an. Trotzdem vermerkte er am 18. Juli 1947 einen »fortgeschrittenen Kräfteverfall« und einen »elenden Zustand«. Am nächsten Tag war Katharina Kunka tot. Sie starb im Alter von 36 Jahren, offiziell an Lungentuberkulose.
KATHARINA KUNKA
Katharina Kunka kommt aus der Ukraine.
Sie ist Zwangs-Arbeiterin und
lebt in einem Lager in Deutschland.
Katharina hat einen Tumor im Gehirn.
Sie hat also Krebs.
Darum kommt sie in ein normales Krankenhaus in Celle.
Als sie zurück ins Lager kommt,
hat sie Angst und ist verwirrt.
Der Lager-Arzt sagt:
Katharina muss in eine Anstalt.
Sie kommt in die Ausländer-Sammelstelle nach Lüneburg.
Sie kommt in das Haus 16.
Dort stellt der Arzt fest:
Jemand hat Katharina Gewalt angetan.
Darum hat sie Angst und ist verwirrt.
Sie ist nicht krank.
3 Monate später geht es Katharina besser.
Sie arbeitet in der Küche.
Dort schält sie Gemüse.
6 Monate später bekommt
Katharina eine Lungen-Krankheit.
Darum muss sie weiter in der Anstalt bleiben.
Katharina bleibt noch 2 Jahre in der Anstalt.
Sie ist sehr schwach.
Es gibt zu wenig Essen.
Sie bekommt extra Nahrung.
Aber das reicht nicht.
Katharina stirbt im Jahr 1947.
Da ist sie 36 Jahre alt.

Verlegungsbuch Zu- und Abgänge (Haus 15), Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg, vom 1.10.1930 bis 23.6.1950.
ArEGL 46.
In diesem Stationsbuch sind Patienten notiert, die vom 1. Oktober 1940 bis zum 23. Juni 1950 in Haus 15 der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg aufgenommen bzw. von dort verlegt oder entlassen wurden. Das Buch veranschaulicht die verschiedenen Phasen der »Euthanasie«. Zugleich zeugt es von der schleichenden Gewöhnung bzw. Verrohung und mittelbaren Beteiligung an Entrechtung und Gewalt.
Bis 1941 wurden die Erkrankten und ihre Habseligkeiten genau erfasst. Mit Beginn der »Euthanasie« wurden meist nur noch Nachnamen notiert. Im Frühjahr 1941 wurden die Sammelverlegungen in Tötungsanstalten dokumentiert. Ab 1944 gibt es namenlose Einträge, wie etwa »10 Russen«. Haus 15 war inzwischen sogenannte » Ostarbeiter-Abteilung« geworden. 1945 werden die Toten nur noch als Strichliste geführt. Auf einer Seite findet sich der Eintrag »20/1 |Cebula | Aufnahme | 151«. Es handelt sich um Tadeusz Cebula.
Das ist ein Stations-Buch.
Es ist von Haus 15 in der Anstalt in Lüneburg.
Im Stations-Buch stehen alle Kranken,
die in den Jahren 1940 bis 1950 in Haus 15 sind.
Das Stations-Buch zeigt,
wie man ausländische Kranken behandelt.
Im Jahr 1940 steht im Stations-Buch
• der Name von jedem Kranken.
• alles, was die Kranken mit in die Anstalt bringen.
Im Jahr 1941 steht oft nur noch der Nachname
von den Kranken im Stations-Buch.
Im Frühjahr 1941 ist die Aktion T4.
So nennen die Nazis
den Kranken-Mord mit Gas.
Einige Kranke aus Haus 15 sterben bei der Aktion T4.
Die Namen von den Opfern stehen alle im Stations-Buch.
Ab dem Jahr 1944 stehen im Stations-Buch oft
keine Namen mehr.
Die Nazis schreiben dann nur noch:
10 Russen oder 5 Polen.
Im Jahr 1945 schreiben die Nazis keine Namen mehr
ins Stations-Buch.
Es gibt nur noch eine Strich-Liste.
Jeder Strich steht für einen Toten.
Den Nazis ist es egal, welche Menschen sterben.
In diesem Stations-Buch steht auch Tadeusz Cebula.
JUCHIM SCHNAL (1903 – 1945)

Porträt von Juchim Schnal, vor 1944.
Privatbesitz Oksana Fischer.
Juchim Schnal wurde am 11. Oktober 1903 in Tomaschow in der Ukraine (heute Polen) geboren. Am 6. Januar 1944, dem orthodoxen Weihnachtsfest, wurde er zur Zwangsarbeit verschleppt. Als Wehrmachtssoldaten das Haus durchsuchten, in dem er lebte, war er gerade auf Toilette. Weil er dort nichts mitbekommen hatte, spülte er, und dadurch wurde man auf ihn aufmerksam. Er wurde zur Hafenarbeit nach Brake an der Weser im Kreis Wesermarsch gebracht. Wegen Erschöpfung wurde er in die Heil- und Pflegeanstalt Wehnen eingewiesen.
JUCHIM SCHNAL
Das ist ein Foto von Juchim Schnal aus dem Jahr 1944.
Er kommt aus Tomaschow in der Ukraine.
Juchim ist im Jahr 1903 geboren.
Im Januar 1944 wird Juchim
von deutschen Soldaten verhaftet.
Die Soldaten durchsuchen das Haus, in dem Juchim lebt.
Juchim merkt nichts von der Durchsuchung,
weil er auf der Toilette ist.
Er spült.
Das hören die deutschen Soldaten und finden ihn.
Sie nehmen ihn mit.
Tadeusz wird Zwangs-Arbeiter im Hafen von Brake.
Er muss dort so schwer arbeiten, dass er krank wird.
Dann kommt er in die Anstalt in Wehnen.
»Eine Verständigung mit Sch.[nal] war nicht möglich. Sch. isoliert sich auch völlig von seinen eigenen Landsleuten und versandete schließlich mehr und mehr.«
NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 00381.
Der Arzt in Wehnen sagt:
Man kann nicht mit Juchim reden.
Er redet mit keinem.
Er redet auch nicht mit anderen Menschen aus der Ukraine.

Auszug aus der Krankengeschichte von Juchim Schnal.
NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 00381.
Am 14. Dezember 1944 wurde Juchim Schnal in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg verlegt. Erst am 3. Januar 1945 wurde er in körperlich völlig geschwächtem Zustand von Rudolf Redepenning untersucht. Danach folgten nur wenige Einträge in der Krankengeschichte. Die Wortwahl dort lässt keinen Zweifel daran, mit welcher geringen Wertschätzung Redepenning ihn behandelte.
Am 14. Dezember 1944 kommt Juchim Schnal
in die Ausländer-Sammelstelle nach Lüneburg.
Der Arzt Rudolf Redepenning untersucht ihn
erst 3 Wochen später.
Rudolf Redepenning behandelt ihn schlecht.
»Abgemagert. Schwach. Gehemmt. Nicht arb.[eits]ein.[satz]fähig. Haut weggeeitert über der Wundstelle. Jämmerlicher Anblick, lässt nichts sitzen! – Wundpflege. Bef.[und] Bericht, nicht ein.[satz]fähig.«
NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 00381.
Der Arzt Rudolf Redepenning schreibt:
Juchim Schnal ist sehr dünn und kann nicht arbeiten.
Er kann nicht zurück in die Zwangs-Arbeit.
Drei Tage später notierte Redepenning nur »Elender Zustand.« Weitere drei Tage später war Juchim Schnal tot. Am 13. Februar 1945 morgens fand man ihn leblos in seinem Bett. Die offizielle Todesursache lautete »Erschöpfung bei ausgedehnter Unterhauteiterung der Bauchhaut«. Juchim Schnal wurde 41 Jahre alt. Er soll ein tiefgläubiger Mensch gewesen sein.
3 Tage später schreibt Rudolf Redepenning:
Juchim Schnal sieht krank aus.
3 Tage später ist Juchim Schnal tot.
Rudolf Redepennig schreibt:
Juchim stirbt an einer Haut-Entzündung und
an Erschöpfung.
Aber das ist eine Lüge.
Juchum Schnal ist verhungert.
Das ist auch Mord.
FRANCISZEK JÓZEF WAJSEN (1921 – 1945)

Identitätsnachweis von Franciszek Wajsen, nach 1945.
Arolsen Archives.
Franciszek Wajsen stammte aus Hrubieszów in Polen. Er war Sohn des Handwerkers Józef Wajsen und dessen Ehefrau Katarzyna (geborene Hunkiewicz). Józef war deutsch-jüdischer Herkunft. Franciszek hatte vier Brüder: Mieczysław, Jan, Kazimierz und Stanisław. Er war der Zweitälteste. Mieczysław ging als »Volkdeutscher« nach Schlesien, er überlebte als Übersetzer in Frankreich. Der jüngere Bruder Jan verschwand von einem Tag auf den anderen. Die Familie geht davon aus, dass er erschossen wurde.
FRANCISZEK WAJSEN
Franciszek Wajsen kommt aus Hrubieszów in Polen.
Er hat einen älteren Bruder und 3 jüngere Brüder.
Sein älterer Bruder überlebt den Krieg.
Er arbeitet als Übersetzer in Frankreich.
als Übersetzer in Frankreich.
Ein jüngerer Bruder verschwindet plötzlich.
Die Familie denkt:
Er ist erschossen worden.
Das ist ein Ausweis-Dokument von Franciszek Wajsen
aus dem Jahr 1945.

Kazimierz Wajsen (2. v. l.?) mit Kameraden aus der Zwangsarbeit, vor April 1944, Hamburg.
Privatbesitz Magda Wajsen.
Im Mai 1942 wurden die Brüder Kazimierz und Franciszek Wajsen zur Zwangsarbeit nach Hamburg verschleppt. Sie kamen in zwei verschiedene »Arbeitserziehungslager«, Franciszek wegen eines Fluchtversuchs, sein Bruder Kazimierz wegen »illegaler Versammlungen«. Kazimierz überlebte das Konzentrationslager Neuengamme und wurde im Mai 1945 auf dem Schiff »Athen« befreit.
Die Brüder Kazimierz und Franciszek Wajsen sind
Zwangs-Arbeiter.
Das ist im Mai 1942.
Die Nazis bringen die beiden nach Hamburg.
Franciszek versucht wegzulaufen.
Kazimierz geht heimlich zu einer Versammlung.
Die Nazis bestrafen die beiden dafür.
Sie kommen
in 2 verschiedene Arbeits-Erziehungs-Lager.
Sie müssen Zwangs-Arbeit machen.
Dann kommt Kazimierz ins KZ Neuengamme.
Er überlebt und wird im Mai 1945 befreit.

Brief von Hans Follstich an das Arbeitsamt Hamburg vom 4.12.1942.
Arolsen Archives.
Franciszek Wajsen hielt den Belastungen der Zwangsarbeit nicht stand. Er wurde von der Gestapo aufgegriffen und am 2. September 1942 in die Psychiatrie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf eingewiesen. Weil er als »arbeitsunfähig« eingestuft wurde und der Betrieb ihn nicht zurückhaben wollte, genehmigte das Arbeitsamt die vom Arzt angeratene Rückkehr nach Hause. Doch er kehrte nicht zurück.
Franciszek Wajsen schafft die Zwangs-Arbeit nicht.
Er wird krank.
Er kommt in das Universitäts-Klinikum
in Hamburg-Eppendorf.
Aber er wird nicht gesund.
Der Arzt sagt:
Franciszek ist zu krank zum Arbeiten.
Darum soll er zurück nach Polen.
Das schreibt der Arzt in diesem Brief
an das Arbeits-Amt in Hamburg.
Das Arbeits-Amt ist einverstanden.
Aber Franciszek kommt nicht nach Hause.
Es wird kein Zwangs-Arbeiter mehr nach Hause geschickt.
Das wird 1942 entschieden.

Haftliste polnischer Zwangsarbeiter, die aus dem Gerichtsgefängnis Cuxhaven anderen Haftorten überstellt wurden, 1944.
Arolsen Archives.
Im Dezember 1943 arbeitete Franciszek in Greversdorf-Oste bei einem Bauern. Im März 1944 wurde er wegen Fluchtgefahr aus dem Gerichtsgefängnis Cuxhaven in die Gestapohaft im »Arbeitserziehungslager« Bremen-Farge entlassen. Von dort wurde er am 26. Juni 1944 in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg verlegt. Franciszeks Mutter Katarzyna Wajsen flüchtete mit Stanisław nach Warschau. Sie ließ ihren Ehemann zurück. Józef soll danach nach Deutschland gegangen sein.
Im Jahr 1943 arbeitet Franciszek Wajsen
bei einem Bauern.
Im Jahr 1944 kommt er in ein KZ von der Gestapo.
Das ist kurz für: Geheime Staats-Polizei.
Die Gestapo ist eine extra Polizei von den Nazis.
Sie ist sehr brutal.
Die Gestapo hat eigene KZs.
Franciszek ist nur kurz im KZ von der Gestapo.
Dann wird er krank.
Er kommt in die Ausländer-Sammelstelle nach Lüneburg.
Dort stirbt er am 23. Januar 1945.
Er ist ein Opfer vom Kranken-Mord.
Er stirbt an Hunger und schlechter Behandlung.
YVONNE MENNEN (1938 – 1944)

Antrag von Elisabeth Wolters zur Zwangseinweisung von Ida Mennen mit ihrer Tochter Yvonne vom 25.10.1944.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 132.
Yvonne Mennen wurde am 6. Dezember 1938 in den Niederlanden geboren. Ihre Eltern waren der Soldat Hinderk Mennen und dessen Ehefrau Ida (geb. Leduc), eine Flämin aus Belgien. Yvonne Mennen hatte elf Geschwister, von denen fünf gestorben waren und drei in einem Kinderheim lebten. Die Mutter war mit ihr und zwei weiteren Geschwistern aus Holland ins Deutsche Reich geflohen. Sie kamen in Bienenbüttel in ein NSV-Flüchtlingslager. Von dort ging es wegen Unsauberkeit und angeblicher Geisteskrankheit in eine Armenunterkunft. Schließlich kamen sie in einem Stall unter. Yvonne Mennens zweieinhalbjährige Schwester und ihr achtjähriger Bruder bekamen dort Krätze und mussten im Hilfskrankenhaus Uelzen aufgenommen werden. Danach sollten sie in ein NSV-Kinderheim gebracht werden.
Vor Verzweiflung drohte die Mutter, sich selbst und den Kindern das Leben zu nehmen. Ein Arzt aus Bevensen kam daraufhin zu dem Ergebnis, dass Ida und Yvonne Mennen in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg aufgenommen werden müssten. Bereits vier Wochen nach ihrer Aufnahme war Yvonne Mennen tot. Sie wurde in der »Kinderfachabteilung« ermordet und auf dem Kindergräberfeld bestattet. Ihre Mutter überlebte und wurde am 2. März 1945 noch vor Kriegsende als »gebessert entlassen«.
YVONNE MENNEN
Yvonne Mennen kommt aus den Niederlanden.
Ihre Mutter ist aus Belgien.
Yvonne hat 11 Geschwister.
5 Geschwister sind tot.
3 Geschwister sind in einem Heim.
Im Jahr 1944 kommt Yvonne mit ihrer Mutter und
2 Geschwistern nach Deutschland.
Sie flüchten vor dem Krieg.
Da ist Yvonne 6 Jahre alt.
Sie hat eine Behinderung.
Die Mutter ist überfordert.
Sie weint und schreit viel.
Sie hat Angst.
Denn sie finden kein gutes Zuhause in Deutschland.
Sie leben in einem Lager für Flüchtlinge.
Dann kommen sie in ein Armen-Haus.
Am Ende müssen sie sogar in einem Stall wohnen.
Es ist überall dreckig.
Darum bekommen die Kinder die Haut-Krankheit Krätze.
Die Mutter hat keine Kraft mehr.
Sie sagt:
Ich will nicht mehr leben.
Ich bringe mich und die Kinder um.
Ein Arzt sagt:
Die Familie braucht Hilfe.
Die Mutter kommt in die Anstalt nach Lüneburg.
Yvonne kommt in die Kinder-Fachabteilung
von der Anstalt.
Ihre Geschwister kommen ins normale Krankenhaus
wegen der Krätze.
Yvonne stirbt nach 4 Wochen in der Kinder-Fachabteilung.
Sie wird ermordet.
Yvonnes Mutter überlebt.
Sie verlässt die Anstalt im März 1945.
Dies ist der Grabstein für Timofey Thomachinko. Anstelle seines richtigen Namens wurde »Schannschinoko« eingraviert. Timofey Thomachinko schien es nicht einmal wert gewesen zu sein, dass man seine Lebensdaten ergänzte. Oft wurden auf den Grabsteinen falsche Sterbedaten angegeben und die Namen nicht richtig geschrieben. Das widersprach dem Kriegsgräbergesetz.
Das ist ein Grab-Stein.
Der Grab-Stein ist von Timofey Thomachinko.
Er lebt von 1905 bis 1945.
Auf dem Grab-Stein ist der Nachname falsch geschrieben:
Schannschinoko statt Thomachinko.
Auf dem Grab-Stein steht kein Datum.
Mitarbeiter vom Friedhofs-Amt schreiben den falschen Namen oder das falsches Datum auf einen Grab-Stein.
Das passiert oft bei ausländischen Toten.
Aber das ist gegen das Kriegs-Gräber-Gesetz.
Der Grab-Stein zeigt:
Ausländische Tote sind den Mitarbeitern
im Friedhofs-Amt nicht wichtig.
Die Mitarbeiter denken:
Ausländische Tote sind nichts wert.

ArEGL.
MARIA MEDWEDIEWA (1925 – 1944)

Es gibt kaum Fotos von »Ostarbeiterinnen«. Die Kennkarte mit einem Foto von Maria Medwediewa wurde bei ihrer Verlegung am 20. November 1944 mitgegeben. Ihre Krankenakte besteht lediglich aus einem Personalbogen und einer Sachenliste.
Sachenverzeichnis von Maria Medwediewa, 3.7.1944.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 2004/085 Nr. 01028.

Das Foto zeigt »Ostarbeiterinnen« an einem gedeckten Tisch mit gefüllten Tellern. Es handelt sich um ein Propaganda-Bild, Februar 1943.
BArch Bild 183-J05126.
Maria Medwediewa wurde am 5. Februar 1925 geboren. Da sie als »Ostarbeiterin« bezeichnet wird, ist es möglich, dass sie aus Russland kam. Sie war landwirtschaftliche Helferin bei Landwirt Friedrich Fischer in Oldendorf (Bremervörde). Anfangs, so beschreibt Fischer seine Zwangsarbeiterin, sei sie fleißig und tüchtig gewesen. Dann habe sie nicht mehr gut gearbeitet. Schließlich habe sie ein sonderbares Verhalten gezeigt, das vermuten ließ, dass es ihr geistig nicht gut ginge. Maria Medwediewa wurde am 1. Juli 1944 dem Amtsarzt vorgestellt und am 3. Juli 1944 in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg aufgenommen, zunächst auf der Beobachtungsstation in Haus 22. Von dort kam sie in die »Ostarbeiterinnen-Abteilung« in Haus 16. Sie wurde erbbiologisch erfasst. Bei ihrer Ankunft trug sie Arbeitskleidung in schlechtem Zustand, mit einem »Ost«-Abzeichen zur Kennung, und Holzpantinen. Fischer hatte behauptet, sie sei nachts nackt in sein Schlafzimmer gekommen und hätte sich unzüchtig verhalten, wahrscheinlich eine Schutzbehauptung. Maria Medwediewa wurde am 20. November 1944 mit einem Sammeltransport verlegt. Das Ziel ist unbekannt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde sie in einem Waldstück oder in einer Tötungsanstalt in Polen ermordet.
MARIA MEDWEDIEWA
Maria Medwediewa kommt aus Osteuropa.
Sie arbeitet als Zwangs-Arbeiterin bei einem Bauern.
Der Bauer sagt:
Am Anfang arbeitet Maria sehr gut.
Aber dann verhält sie sich komisch.
Sie geht nackt in sein Zimmer.
Sie will Sex mit ihm.
Vielleicht lügt der Bauer.
In Wahrheit ist es vielleicht andersrum:
Vielleicht geht der Bauer nackt in Marias Zimmer und
will Sex mit ihr.
Vielleicht will Maria das nicht.
Der Bauer bringt Maria zum Amts-Arzt.
Am 3. Juli 1944 kommt Maria in die Anstalt nach Lüneburg.
Maria trägt Häftlings-Kleidung
als sie in der Anstalt ankommt.
Sie kommt zur Beobachtung in Haus 22.
Später kommt sie in die Ostarbeiter-Abteilung in Haus 16.
Am 20. November 1944 bringen die Nazis Maria und andere Zwangs-Arbeiter weg.
Keiner weiß wohin:
Vielleicht in einen Wald oder
in eine Tötungs-Anstalt in Polen.
Die Zwangs-Arbeiter werden dort ermordet.
Es gibt kaum Fotos von Zwangs-Arbeitern aus Osteuropa.
Auch von Maria Medwediewa gibt es kein Foto.
Das ist ein Foto aus dem Jahr 1943.
Auf dem Foto sind andere Zwangs-Arbeiterinnen.
Sie sitzen an einem gedeckten Tisch
mit Tellern voller Essen.
In Wirklichkeit waren die Teller nicht so voll.
Und die Zwangs-Arbeiterinnen waren nicht so glücklich.
Die Nazis haben das Foto extra so gemacht.
Die Menschen sollen denken,
den Zwangs-Arbeitern geht es gut in Deutschland.
ADAM RABSCHICK (1862 – 1942)

Krankenblatt von Adam Rabschick.
NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 00513.
Adam Rabschick wurde nicht nur als »Ausländer«, sondern auch als Obdach- und Wohnungsloser Opfer des Krankenmordes. Er wurde in Keplow in Ungarn geboren. Als junger Mann meldete er sich erfolglos bei den Husaren, handelte daraufhin mit Mäusefallen und arbeitete zeitweilig in der Landwirtschaft. Er lebte im Raum Hannover und Hildesheim, schlug sich so durch. Er trank Alkohol. Mehrfach wurde er wegen Landstreicherei festgenommen. Seine Rente reichte nicht, und er konnte weder lesen, noch schreiben oder rechnen. Er musste betteln, auch dafür kam er mehrmals ins Gefängnis. Von dort kam er 1930 in die Heil- und Pflegeanstalt Wunstorf. Er wurde in der Arbeitstherapie eingesetzt, flocht Körbe und zupfte Scharpie. Im Jahr 1941 wurde die Anstalt Wunstorf für die Einrichtung einer Jugendfürsorgeanstalt geräumt. Deshalb wurde Adam Rabschick am 12. August 1941 in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg verlegt und in Haus 25 aufgenommen. Weil dort ab 9. Oktober 1941 die »Kinderfachabteilung« eingerichtet wurde, kam er ins Haus 6. Dort starb er am 24. Januar 1942. Ein gewaltsamer Tod ist in seinem Fall wahrscheinlich.
ADAM RASCHICK
Adam Rabschick kommt aus Ungarn.
Er hat keine Wohnung.
Darum kommt er in eine Anstalt.
Da ist er schon alt und hat viel erlebt.
Als junger Mann will Adam zu den Husaren.
Das sind besondere Soldaten in Ungarn.
Aber er hat keinen Erfolg.
Dann verkauft er Mäuse-Fallen.
Dann arbeitet er auf Bauern-Höfen.
Er kann nicht schreiben, nicht rechnen und
nicht lesen.
Er trinkt viel Alkohol.
Und er lebt auf der Straße.
Das ist verboten.
Darum wird er verhaftet.
Er kommt in die Anstalt nach Wunstorf.
Im Jahr 1930 kommt Adam in die Anstalt nach Lüneburg.
Denn die Anstalt in Wunstorf wird zu einer Anstalt
für Jugendliche.
In Lüneburg kommt Adam Rabschick in Haus 25.
Aber im Jahr 1941 richtet man eine Kinder-Fachabteilung
in Haus 25 ein.
Darum zieht Adam in das Haus 6.
Dort stirbt er nach 2 Monaten.
Er war vorher nicht krank.
Die Ärzte ermorden Adam.
Von Adam Rabschick gibt es ein Foto.
Es ist aus seiner Kranken-Geschichte.
GALINA RADOMSKA (1918 – 1944)

Brief vom Landrat Stade an den Oberpräsidenten Hannover vom 19.7.1943.
NLA Stade Rep. 274 Stade Nr. 80.

Auszug aus der Krankenakte von Galina Radomska.
NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 02503.
Galina Radomska stammte aus Kiew in der Ukraine und war die Tochter des Arztes Anton Radomsky. Sie wurde im Krankenhaus Stade eingesetzt und war für die medizinische Betreuung der dortigen »Ostarbeiterbaracke« zuständig. Im Sommer 1943 sollte sie in der »Stadt des KdF-Wagens« (Wolfsburg) im Volkswagenwerk zur ärztlichen Betreuung der dortigen Kriegsgefangenen eingesetzt werden. Dazu kam es nicht mehr, denn sie erkrankte. Ihre Rückführung in die Heimat wurde abgelehnt. Am 31. Juli 1943 wurde sie in die Lüneburger Heil- und Pflegeanstalt aufgenommen, ihr Vater befand sich mittlerweile in Warschau. Die Sammelverlegung elf Monate später belegt, dass die Lüneburger Anstalt schon in der ersten Jahreshälfte 1944 Zwischenanstalt für die »Ausländer-Euthanasie« war.
GALINA RADOMSKA
Galina Radomska kommt aus Kiew in der Ukraine.
Im Zweiten Weltkrieg verhaften die Nazis sie.
Die Nazis bringen sie nach Deutschland.
Sie ist Zwangs-Arbeiterin.
Dann merken die Nazis: Galina ist Ärztin.
Die Nazis brauchen Ärzte.
Zum Beispiel:
• für die Behandlung von Kriegs-Gefangenen.
• für die Behandlung von Zwangs-Arbeitern.
Die Nazis zwingen Galina, als Ärztin zu arbeiten.
Erst ist sie in einem normalen Kranken-Haus in Stade.
Da arbeitet sie auf der Ausländer-Station.
Dann soll sie in einer anderen Stadt arbeiten.
Sie soll Kriegs-Gefangene bei VW behandeln.
Aber Galina wird krank.
Sie darf nicht nach Hause.
Sie kommt in die Ausländer-Sammelstelle nach Lüneburg.
GJURAGI SOKCEVIC (1907 – 1943)

Gjuragi Sokcevic, etwa 1943.
StadtALg, PSLG-S, 95.
Gjuragi Sokcevic ist das einzige Opfer des Krankenmordes im Städtischen Krankenhaus Lüneburg, zu dem ein Foto in der Sammelmappe zum Sterberegister hinterlegt ist. Er stammte aus Russland und leistete für das Bauunternehmen Wayss & Freytag in Hamburg Zwangsarbeit. Das 1875 gegründete Aktienunternehmen verdiente mit der Trümmerräumung viel Geld. Nach dem Krieg konnte es eine neue Firma gründen, die aus Kriegstrümmern Baumaterial herstellte.
Gjuragi Sokcevic wurde bei Erdarbeiten eingesetzt, das heißt, er musste schaufeln. Er war im Gemeinschaftslager Alt Garge im Landkreis Lüneburg untergebracht. Wegen einer Tuberkulose kam er ins Städtische Krankenhaus Lüneburg. Dort wurde er am 18. Juni 1943 von Günter Schulz durch eine Überdosis Morphium ermordet.
GJURAGI SOKCEVIC
Das ist ein Foto von Gjuragi Sokcevic aus dem Jahr 1943.
Es ist das einzige Foto von einem Mord-Opfer
aus dem normalen Krankenhaus in Lüneburg.
Gjuragi Sokcevic ist ein russischer Zwangs-Arbeiter.
Er arbeitet bei einer Bau-Firma in Hamburg.
Die Arbeiter von der Bau-Firma räumen die Straßen
nach Bomben-Angriffen frei.
Sie müssen die Reste von kaputten Häusern wegräumen.
Das ist sehr schwere Arbeit.
Die Bau-Firma verdient viel Geld damit.
Gjuragi Sokcevic ist ein billiger Arbeiter.
Er bekommt fast kein Geld für seine Arbeit.
Er muss in einem Lager leben.
Im Lager gibt es viel Hunger, Dreck und Krankheit.
Die Menschen im Lager werden geschlagen.
Gjuragi Sokcevic muss den ganzen Tag Steine schaufeln.
Er arbeitet sich fast tot.