NFC zu N-K-02

Kein Ende

Die Tabellen umfassen anderthalb Seiten. Sie sind mit der Schreibmaschine verfasst. Sie sind in eine Art Kladde eingebunden. Der Rand ist sehr abgegriffen. Einige Zahlen sind handschriftlich rot unterstrichen. Kategorien der Tabelle sind: Jahr, Bestand, Zugänge, Insgesamt, Abgänge, Todesfälle, Insgesamt.

Belegstärken und Sterblichkeit in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg 1910 bis 1947, mit Berechnungsfehler.

NLA Hannover Nds. 721 Hannover Acc. 61/81 Nr. 28/7.

Zur Sterblichkeit in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg gab es jahrzehntelang nur eine einzige Berechnung. Diese floss ungeprüft in alle Ermittlungsverfahren und die Forschung ein, obwohl sie einen grundlegenden Fehler enthält. Die Berechnung geht davon aus, dass es keine Verlegungen von Erkrankten gegeben habe. Die Transporte von Erkrankten in andere Anstalten wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Wenn man aber den tatsächlichen, deutlich niedrigeren Bestand Erkrankter in Lüneburg zugrunde legt, liegen die Sterberaten wesentlich höher.

Der Beschluss ist mit der Schreibmaschine verfasst. Das Papier ist gelocht und wirkt kaum gebraucht. Oben rechts ist ein blauer Eingangsstempel des Gesundheitsamtes Lüneburg.

Auszug aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Celle über die Wiederaufnahme der Erbgesundheitssache Georg Marienberg vom 9.10.1952.

NLA Hannover Hann. 138 Lüneburg Acc. 102/88 Nr. 1324.

1951 bemühte sich Georg Marienberg um Wiederaufnahme seiner Erbgesundheitssache und hoffte auf Entschädigung. Amtsgerichtsdirektor Jahn, der ab 1940 am Erbgesundheitsgericht Lüneburg Richter war, kam zu dem Ergebnis, dass sein Beschluss von damals rechtmäßig gewesen sei. Dagegen legte Georg Marienberg beim Oberlandesgericht Celle Beschwerde ein. Diese wurde 1952 zurückgewiesen. Das Verfahren wurde nicht wieder aufgenommen.

Bei den Wiederaufnahmeverfahren saßen die Betroffenen oft den gleichen Richtern gegenüber, die zuvor über die Zwangssterilisationen entschieden hatten. Auch eine Intelligenzprüfung mussten sie erneut durchlaufen. So erging es auch Emmi Nielson, die genauso wie ihr Halbbruder Georg Marienberg die Wiederaufnahme beantragte. Ihr Antrag wurde abgelehnt, und sie musste die Kosten des Verfahrens selbst bezahlen.

Die Mitschrift ist in einen grünen Pappordner eingeheftet. Das Papier ist sehr vergilbt. Die Mitschrift ist mit der Schreibmaschine verfasst.

Auszug aus der Mitschrift der nicht öffentlichen Sitzung über die Wiederaufnahme der Erbgesundheitssache Emmi Nielson vom 25.5.1951.

NLA Hannover Hann. 138 Lüneburg Acc. 103/88 Nr. 662.

Der Bescheid ist auf dünnes Papier mit der Schreibmaschine geschrieben. Er ist in einem beigen Pappordner abgeheftet. Das Papier ist leicht vergilbt.

Auszug aus Bescheid in der Entschädigungssache Wilhelm Saul jun. vom 19.9.1959.

NLA Hannover Nds. 720 Lüneburg Acc. 139/90 Nr. 107.

Im Jahr 1958 bemühte sich Wilhelm Sauls Schwester um eine Entschädigung und Wiedergutmachung der Zwangssterilisation ihres Bruders. Sie reichte bei der Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg Klage ein. Die Klage wurde abgewiesen, weil die Abgabefrist wenige Tage überschritten war und die 1933 gesetzlich festgelegten »eugenischen Gründe« nicht hinterfragt wurden.

Die Urteile aus der Zeit von 1934 bis 1949 wurden jahrzehntelang ausnahmslos bestätigt. Weil es auch in anderen Ländern ähnliche Sterilisationsgesetze gab, wurde das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« nicht als nationalsozialistisch bewertet.

Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 2/191, S. 10876 vom 7.2.1957.

ANGEHÖRIGE ERINNERN

Angehörige begleiten die Gedenkstättenarbeit durch Gespräche und Interviews, indem sie Fotos und Dokumente zur Verfügung stellen und die Gedenkstätte bei ihrer Weiterentwicklung beraten. Sie erfahren oftmals erst heute vom Schicksal ihrer Verwandten.

ANGEHÖRIGE ERINNERN

Viele Opfer vom Kranken-Mord haben Familie.
Und einige Familien-Mitglieder leben heute noch.
Sie geben der Gedenkstätte Fotos und Briefe
von den Opfern.
Und sie erzählen die Geschichte von den Opfern.

Es ist ein Farbbild. Aus einer erhöhten Perspektive zeigt es den Blick in den Bundestag aus einer Position schräg hinter dem Redner. Die vorderen Plätze der Fraktionen sind besetzt. Im Vordergrund haben einige der Abgeordneten die Hand erhoben.

Deutscher Bundestag, Abstimmung über die Ächtung des »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses«, 2007. Mehrere Abgeordnete stimmen dagegen und mehrere enthalten sich.

Film »Schöner neuer Mensch. Rassenhygiene als Staatsziel«
(NDR, 2015); Timecode 00:41:27.

1980 konnten Betroffene eine Einmalzahlung von 5.000 DM beantragen. 1988 bezeichnete der Deutsche Bundestag die Zwangssterilisationen zum ersten Mal als NS-Unrecht. Erst 1992 wurde gesetzlich verboten, Menschen gegen ihren Willen zu sterilisieren. Die Urteile der Erbgesundheitsgerichte wurden 1998 aufgehoben. 2011 wurden erstmals Entschädigungen in Höhe von monatlich 291 Euro ausgezahlt.

WEITERDENKEN UND NEUBEWERTEN

Die im Nationalsozialismus eingeführte Intelligenzprüfung fand noch weit nach 1945 Anwendung. Nur in Bezug auf Fragen zum politischen Geschehen wurde der Test verändert. Der Verfasser Gerhard Kloos leitete während der NS-Zeit die »Kinderfachabteilung« Stadtroda. Außerdem hatte er sich vor 1945 in der Ärzteschaft mit einer »Stufenbehandlung« (Zwangsarbeit, Unterernährung und Therapieverweigerung) sowie der Vergiftung politisch Andersdenkender einen Namen gemacht. Als die dritte Auflage seiner Intelligenzprüfung erschien, leitete er das Krankenhaus Bad Pyrmont in Südniedersachsen.

Die Seiten 10 und 11 des Buchs sind aufgeschlagen. Das Papier ist vergilbt. In enger Schrift sind die Fragen thematisch sortiert aufgedruckt. Unter der Überschrift »Politisches Wissen« sind Fragen wie »Was heißt NSDAP?« oder »Wann hat der Führer Geburtstag?« zu lesen.

Gerhard Kloos: Anleitung zur Intelligenzprüfung in
Erbgesundheitsgerichtsverfahren, Jena 1941.

Die Seiten 22 und 23 des Buchs sind aufgeschlagen. Das Papier ist vergilbt. In enger Schrift sind die Fragen thematisch sortiert aufgedruckt. Unter der Überschrift »Politik« sind keine konkreten Fragen mehr zu lesen. Stattdessen der Hinweis, die Fragen an das jeweilige Zeitgeschehen anzupassen.

Gerhard Kloos: Anleitung zur Intelligenzprüfung in
der psychiatrischen Diagnostik, Stuttgart 1952.

Auch heute gibt es Intelligenz-Tests, die teilweise nicht berücksichtigen, ob eine Testperson ausländischer Herkunft ist. Aus diesem Grund wird für viel zu viele Kinder ausländischer Herkunft ein »Förderbedarf für geistige Entwicklung« festgestellt. Auch Zweisprachigkeit wird als beeinträchtigend bewertet. Trotzdem sind solche Tests ein Hilfsmittel, um Förderbedarfe zu erkennen.

Auf hellem Stoff ist eine gelbe Umrandung gestickt. Oben links findet sich ein rotes Kreuz vor blauem Hintergrund mit einem weißen Pferd in der Mitte. Unten rechts eine Person in Schwesternkleidung. Dazu der Schriftzug: Oben rechts eine skizzierte Person mit Herz hinter Gittern. Dazu der Schriftzug: »Schwester ich bin gefangen für immer gefangen« sowie »Ketten der Liebe halten mein Herz«.
Die Zeitungsseite ist vergilbt. Der Artikel ist zweispaltig geschrieben. Unter der Überschrift ist ein großes schwarz-weißes Foto. Es zeigt den Besuch des Sozialministers im Landeskrankenhaus anlässlich der Eröffnung.

»Keinen Tag länger«, in: Lüneburger Landeszeitung vom 20.3.1976, S. 3.

StadtALg, 8.2-LLA-B, 476.

Um die Versorgung der Erkrankten im Lüneburger Landeskrankenhaus zu verbessern, wurde von 1974 bis 1978 ein neues, zentrales Gebäude als »Klinikum« errichtet.

Die Zeitungsseite ist vergilbt. Der Artikel ist dreispaltig geschrieben. Neben dem Artikel ist ein Foto einer Person in einem Patientenzimmer zu sehen.

»Mit 77 Jahren wird das LKH modern«, in: Lüneburger Landeszeitung vom 31.1.1978, S. 12.

StadtALg, 8.2-LLA-B, 498.

Die Fragen sind eng auf das Papier gedruckt. Die Antworten sind anzukreuzen.

Fragebogen der Medizinischen Hochschule Hannover zum Forschungsprojekt »Psychiatrische Erkrankungen bei ausländischen Mitbürgern in der Bundesrepublik«, Frühjahr 1984.

ArEGL 19.

Erkrankten ausländischer Herkunft wird auch nach 1975 noch mit Vorurteilen begegnet. Ein Forschungsvorhaben der Universität Hannover ging davon aus, dass es einen Zusammenhang zwischen ausländischer Herkunft und psychischer Erkrankung gebe. Als einzige Klinik beteiligte sich das Lüneburger Krankenhaus nicht an dieser Studie. Ausschlaggebend waren aber nicht ethische Gründe, sondern der Datenschutz. Bis heute sind die Unterstützung von Erkrankten ausländischer Herkunft und die Vermeidung von Mehrfachdiskriminierung nicht überall selbstverständlich.

Es ist ein schwarz-weißes Foto. Es ist sehr vergilbt. Es zeigt die beiden älteren Männer und die drei Kinder festlich gekleidet in einem Garten. Hans Heinze Junior hat sich zu den kleineren Kindern gehockt und hält ein Kleinkind auf dem Schoß.