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»DEZENTRALE EUTHANASIE«

Neun Erkrankte, die im Laufe ihres Lebens einmal in der Lüneburger Heil- und Pflegeanstalt gewesen waren, wurden 1942 und 1943 in die Tötungsanstalt Hadamar verlegt. Unter ihnen befanden sich auch die drei geborenen Lüneburger*innen Wilhelmine Dankert, Martin Bey und Heinz Eckhardt. Nur Wilhelmine Dankert überlebte. Die anderen Erkrankten verhungerten oder wurden mit Medikamenten ermordet.

Das Papier ist leicht vergilbt. Die Urkunde ist mit der Schreibmaschine geschrieben. Die Schrift auf der Rückseite drückt deutlich durch.

Für Otto Genzers Sterbeurkunde verwendete das Standesamt Hadamar die Rückseite eines Formulars, das ursprünglich dazu diente, die Erkrankten anhand rassenbiologischer Merkmale zu bewerten.

Archiv Gedenkstätte Hadamar. 12 K Nr. 3478.

Das Papier ist leicht vergilbt. Es ist etwa eine halbe Seite groß. Die Urkunde ist mit der Schreibmaschine geschrieben.

Wilhelm Leuchtmanns Sterbeurkunde wurde auf die herausgerissene Seite eines Buchhaltungsheftes geschrieben.

Brief an Karl Petersohn vom 2. April 1943.

Archiv Gedenkstätte Hadamar. 12 K Nr. 1760.

Nach dem Ersten Weltkrieg kehrten viele Soldaten mit einer Belastungsstörung nach Hause zurück, auch Wilhelm Leuchtmann (1886 – 1943) aus Bremen. Er wurde 1919 in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg aufgenommen und nach Wunstorf verlegt. Von dort wurde er zusammen mit dem Lüneburger Patienten Otto Genzer (1876 – 1943) Anfang 1943 nach Hadamar gebracht. Otto Genzer wurde fünf Tage nach der Ankunft ermordet, Wilhelm Leuchtmann vier Wochen später.

Die vergilbte Postkarte zeigt das Verwaltungsgebäude von Pfafferode. Das Gebäude hat ein zentrales Eingangshaus und davon abgehend zu jeder Seite einen Flügel mit Vorbau. Das Gebäude ist im Hauptportal zweistöckig mit einer Turmuhr auf dem Dach. Die Seitenflügel des Gebäudes sind einstöckig, wobei das Dachgeschoss Gauben hat und vermutlich auch genutzt wird. Das Gebäude ist verputzt und hat helle Sprossenfenster.

ANNA GOLLA (1918 – 1944)

Die Kennkarte ist sehr verknickt und teilweise eingerissen. Die gedruckten Kategorien sind handschriftlich ausgefüllt.
Der Brief ist mit geschwungener Handschrift verfasst. Die Reihen stehen eng untereinander.

Fünf Tage nach der Anstaltsaufnahme seiner Mutter Katharina, wurde Karl Mählmann am 8. September 1943 nach Pfafferode verlegt. Aus einem durchgestrichenen Eintrag ist zweifelsfrei erkennbar, dass er bereits zwei Jahre zuvor in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein hätte verlegt werden sollen.

Auszug aus dem Krankenblatt von Karl Mählmann.

NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 01334.

GERTRUD (1916 – 1945), HERBERT (1919 – 1945) UND GERHARD GLASS (1921 – 1944)

Es ist ein schwarz-weißes Porträt. Gertrud Glass trägt eine helle Bluse. Die kinnlangen Haare sind offen. Sie blickt leicht lächelnd in die Kamera.
Es ist ein schwarz-weißes Porträtfoto. Herbert Glass trägt ein dunkles Hemd. Die Haare sind kurz geschnitten. Die Haare wirken strubbelig. Er trägt einen kurzen Bart und blickt in die Kamera.

ANASTASIA IWANOWA (1890 – 1944)

Der Bogen ist ein Vordruck. Er ist mit der Schreibmaschine ausgefüllt. Name und Geburtsjahr sind eingetragen. Außerdem ist eine ärztliche Anamnese aufgeschrieben.

EKATHARINA TARANOWA (1926 – 1944)

Es ist das Deckblatt der Charakteristik. Die gedruckten Kategorien sind mit der Schreimaschine ausgefüllt. Ein roter Stempel bestätigt »erbbiologisch erfaßt« und ein blauer Stempel bescheinigt »Meldebogen an RJM abgesandt«.

Für viele bedeutete die Verlegung ins »Ausweichkrankenhaus« Lüneburg keine Rettung. Mehr als jede/r dritte Erkrankte überlebte den Aufenthalt nicht. 35 Erkrankte wurden am 8. September 1943 mit in die Tötungsanstalt Pfafferode verlegt. 25 von ihnen wurden dort ermordet. Nur 207 der etwa 475 Erkrankten aus Hamburg-Langenhorn kehrten wieder dorthin zurück. Viele dieser Rückkehrer wurden wenig später in der Tötungsanstalt Meseritz-Obrawalde ermordet.

Die Postkarte zeigt zwei kleinere Bilder. Eines ist beschriftet mit: »Gastwirtschaft zur Tannenkoppel G. Tomfort«, das andere mit »Irren-Anstalt«. Die Bilder sind leicht schräg angeordnet. Unterhalb der Bilder ist die Postkarte handschriftlich in Sütterlin beschrieben.

Postkarte der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn (Hamburg), 1901.

ArEGL 99.

Das vergilbte schwarz-weiße Foto zeigt ein Gebäude mit Turm und Spitzdach. Das Foto ist beschriftet mit »Beobachtungsstation«. Das zweistöckige, verputzte Haus mit dunklen Fenstern ist von hohen Bäumen umgeben. Ein gepflasterter Weg führt auf das Eingangstor zu.

Postkarte der Heil- und Pflegeanstalt Langenhagen (Hannover), 20.1.1939.

ArEGL 99.

Das schwarz-weiße Foto zeigt ein zweistöckiges Gebäude mit einem spitzen Dach. Beide Stockwerke sind mit zahlreichen hohen Sprossenfenstern versehen. Im Dach befinden sich kleinere Dachfenster und größere Erkerfenster. Bäume stehen dicht vor dem Gebäude. Büsche wachsen direkt davor. Fassade und Dach sind teilweise mit Efeu bewachsen.

Männerstation der Heil- und Pflegeanstalt Wunstorf, um 1945.

Privatbesitz Heiner Wittrock.

Das Dokument ist vergilbt. Die gedruckten Kategorien wurden mit der Hand ausgefüllt. Die Schrift auf der Rückseite drückt deutlich durch. Auf dem Dokument ist ein Porträtfoto von Rudolf Fahrenholz aufgeklebt. Der Bogen trägt einen roten Stempel: Erbbiologisch erfasst. Ein zweiter Stempel lautet: Meldebogen an RJM abgesandt. Ein dritter Stempel verweist darauf, dass er in der Insulinabteilung behandelt wurde in der Zeit vom 27. Dezember 1937 bis 21. Mai 1938. Auf dem Foto hat Rudolf Fahrenholz kurz geschorene Haare. Er trägt ein krangenloses Hemd mit einer dunklen Weste und einem dunklen Jackett. Seine Stirn ist kraus und er schaut hilflos in die Kamera. Über seinem Foto ist mit rotem Buntstift »OP« vermerkt.

Auszug aus dem Krankenblatt von Rudolf Fahrenholz.

NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 2004/085 Nr. 01802.

Rudolf Fahrenholz (1920 – 1944) aus Ottersberg (Verden) wurde mit 16 Jahren das erste Mal in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg aufgenommen. Nach seiner Entlassung wurde er zwangssterilisiert. Als er in die nächste Krise kam, wurde er ein zweites Mal aufgenommen und fünf Monate mit Insulinschockbehandlungen gequält. Am 8. September 1943 wurde er in die Tötungsanstalt Pfafferode verlegt, in der er am 3. Februar 1944 gewaltsam starb.

Es ist ein schwarz-weißes Foto. Martha Ossmer trägt ein Strickkleid einem Faltenrock und weißem Kragen, dazu eine Wollstrumpfhose und Lederschuhe. In ihrer Hand hält sie einen Stoffhasen. Ihre Haare sind ohrenlang zum Bubikopf mit Pony geschnitten und ordentlich gebürstet. Sie sitzt auf dem linken Bein ihres Vaters. Er sitzt auf einer Bank. Er trägt einen dunklen Anzug mit Krawatte. Er blickt freundlich auf Martha.

MARTHA OSSMER (1924 – 1945)

Es ist ein schwarz-weißes Foto. Martha Ossmer trägt ein Strickkleid einem Faltenrock und weißem Kragen, dazu eine Wollstrumpfhose und Lederschuhe. In ihrer Hand hält sie einen Stoffhasen. Ihre Haare sind ohrenlang zum Bubikopf mit Pony geschnitten und ordentlich gebürstet. Sie sitzt auf dem linken Bein ihres Vaters. Er sitzt auf einer Bank. Er trägt einen dunklen Anzug mit Krawatte. Er blickt freundlich auf Martha.
Es ist ein schwarz-weißes Foto. Bertha und Christian Ossmer sind bis zur Brust zur sehen. Christian hat seinen rechten Arm um Bertha gelegt. Bertha trägt einen schwarz-weiß-gemusterten Strickpullover. Ihre Haare sind gescheitelt. Christian trägt einen Pullover mit Reißverschluss und kurzgeschnittene Haare. Beide blicken mit einem leichten Lächeln in die Kamera.
Es ist ein schwarz-weißes Foto. Käthe und Elfriede Ossmer stehen vor einem geschmückten Tannenbaum. Sie halten sich an den Händen. In den anderen Händen tragen beide einen Teddybären. Sie sind identisch gekleidet mit karierten Hausschuhen, dunklen Strumpfhosen und Strickkleidern. Ihre hellen Haare sind zu einem Pagenschnitt frisiert. Die beiden sehen einander sehr ähnlich.

Justizminister Otto Thierack und Heinrich Himmler vereinbarten im September 1942, Sicherungsverwahrte in Konzentrationslager einzuliefern. Dort sollten sie an den Folgen der harten Arbeit sterben. Auf ihrer Häftlingskleidung wurden sie durch einen grünen Winkel gekennzeichnet. Etwa 2.300 Sicherungsverwahrte wurden in das KZ Neuengamme gebracht. Unter ihnen befanden sich auch fünf Sicherungsverwahrte aus der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg, die am 31. März 1944 dorthin verlegt wurden.

Einige Kranke halten sich nicht an das Gesetz.
Das liegt an ihrer Krankheit.
Zum Beispiel: Eine Person hat eine seelische Krankheit.
Die Person tut anderen Menschen Gewalt an.
Die seelische Krankheit ist der Grund dafür.
Diese Kranken kommen in eine Anstalt
und nicht in ein Gefängnis.
Man nennt diese Kranken: Sicherungs-Verwahrte.
Sie sollen gesund werden,
damit sie keine Verbrechen mehr begehen.

Im Jahr 1942 entscheiden Politiker:
Sicherungs-Verwahrte sollen
in Konzentrations-Lager kommen.
Im Konzentrations-Lager müssen sie schwer arbeiten.
Viele sterben daran oder sie verhungern.

Die Häftlinge müssen ein Zeichen
auf ihre Kleidung nähen.
Das Zeichen ist ein grünes Dreieck.

Ab dem Jahr 1942 kommen
Sicherungs-Verwahrte nach Neuengamme.
Neuengamme ist
ein Konzentrations-Lager in Hamburg.

2 300 Sicherungs-Verwahrte kommen
nach Neuengamme.
Auch 5 Sicherungs-Verwahrte aus Lüneburg kommen nach Neuengamme.
Sie kommen am 31. März 1944 in Neuengamme an.

Nach 33-facher Vorbestrafung kam Willi Demmer 1940 ins Gefängnis Wolfenbüttel. Von dort wurde er auf eigenen Wunsch zur Sicherungsverwahrung in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg verlegt. Nach seiner vorzeitigen Entlassung ins Konzentrationslager Neuengamme, wurde er im November 1944 im Außenlager Husum-Schwesing zum »Kapo« (Aufseher) befördert. Dafür wurde er später vor ein Militärgericht gestellt.

Das schwarz-weiße Passfoto aus der Charakteristik zeigt Willi Demmer mit einem dünn gestreiften Hemd. Er hat eine Halbglatze und trägt die Haare nicht vollständig zurückgekämmt. Er blickt mit leicht geöffnetem Mund direkt in die Kamera.

Porträt aus dem Krankenblatt von Willi Demmer, Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn, um 1941.

Staatsarchiv Hamburg 352-8/7 Staatskrankenanstalt Langenhorn Nr. 30590.

ROBERT SALAU (1911 – 1945)

Der Umschlag und der Briefbogen sind vergilbt. Eine rote Briefmarke ist auf dem Umschlag zu sehen. Anschrift und Brief sind mit der Hand beschrieben. Es werden die Vorder- und Rückseite des Briefes gezeigt.